Travel Reference
In-Depth Information
Das Licht der Provence
Jeanneret , gilt als der Wegbereiter mo-
derner Architektur schlechthin. Sein le-
benslanges Bemühen galt einer völlig
neuen Bauweise, die der Ausdruck un-
serer Zeit sein sollte und nicht etwa
Variation und Abklatsch vergangener
Kulturen. Schon in seiner ersten
grundlegenden Publikation „Vers une
Architecture“ (1923) thematisierte er
die vordringlichste Aufgabe, die men-
schenwürdige Unterbringung der
Massen nämlich. Möglich machen
wollte er dies durch industriell und
serienmäßig hergestellte Häuser und
Wohnblocks. Nachdem er im Krieg
Paris verlassen und sich in die freie
Zone des Südens zurückgezogen hat-
te, rückte die Realisierung dieser Ideen
näher und fand ihre Erfüllung in der
Unité d'habitation de grandeur con-
forme (1945-52) in Marseille, ein Pro-
jekt im Auftrag des Ministeriums für
Wiederaufbau. Jede Wohnung auf
dem Terrain La Madrague am Hafen
blickt direkt auf freie Landschaft, das
Meer, die Ste. Baume und den Alten
Hafen. Zusammen mit der berühmten
Pilgerkapelle Notre-Dame-du-Haut in
Ronchamp (Burgund) gehört die Unité
zu den Schöpfungen, die den Namen
Le Corbusiers weit über die Fachwelt
hinaus bekannt gemacht haben.
In den 1990er Jahren avancierte
Nîmes zum Zentrum und Vorreiter
moderner Architektur in der Pro-
vence: Internationale Berühmtheiten
wie Sir Norman Foster, Jean Nouvel
und Philippe Starck päppelten die
Stadt im Gard auf und verliehen ihr ei-
nen Hauch von großer Welt (siehe Ex-
kurs dort).
Das berühmte Licht der Provence lässt
Landschaften, Dörfer und Städte in be-
sonders ausdrucksstarken Farben er-
scheinen. Mit ihm wechselt die Pro-
vence ihr Gesicht, erstrahlt klar unter
Sonne und azurblauem Himmel oder
dämpft ihre Töne bei Wolken. Fast nie
aber verliert dieses Licht seine unge-
heure Intensität und Leuchtkraft, wes-
halb es seit jeher Maler angezogen
hat. Nicht nur Picasso verschlug es für
einige Zeit nach Vauvenargues, son-
dern auch ungezählte weniger be-
rühmte Künstler bevölkern die Villages
Perchés inmitten von Bergen und wil-
der Garrigue.
Der Provence wohl am stärksten
verbunden war Paul Cézanne (1839-
1906), nicht zuletzt, weil hier seine
Heimat war. Für den Sohn eines wohl-
habenden Aixoiser Bankiers war zu-
nächst eine Juristenlaufbahn geplant,
er aber brachte den Mut auf, das Stu-
dium abzubrechen, um sich ganz der
Kunst zu widmen. Bald kam er durch
seinen Jugendfreund Emile Zola in
Kontakt mit der Impressionisten-Szene
in Paris, mit Monet, Manet, Sisley, Re-
noir und Pissarro. 1874 nahm er an ih-
rer Gruppenausstellung teil - und ern-
tete nichts als Hohn. Gekränkt zog er
sich 1879 wieder nach Aix zurück. Das
impressionistische Programm war sei-
ne Sache nicht, aber er fand durch die-
se Erfahrung zur Freilichtmalerei - und
diese sollte ein Meilenstein auf seinem
eigenen Weg als Künstler werden.
Cézanne hatte mit kraftvollen Hell-
Dunkel-Gemälden begonnen, die un-
Search WWH ::




Custom Search