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2010 untersuchte ein Team des Indian Defence Institute of Physiology and Allied
Sciences ( DIPAS ) den in der Tempelstadt Anbaji in Gujarat lebenden dreiun-
dachtzigjährigen Yogi Prahlad Jani. Seine Anhänger beteuerten, er habe seit siebzig
Jahren nichts mehr gegessen. Für die DIPAS -Studie blieb der Yogi vierzehn Tage lang
in einem Krankenhaus, in dem er ständig beobachtet und videoüberwacht wurde. Er ba-
dete in dieser Zeit mehrmals und gurgelte, aber die Mediziner sagten, er habe weder
getrunken noch gegessen und nichts ausgeschieden. Eine frühere Untersuchung (2003)
hatte ähnliche Ergebnisse erbracht. Der Leiter von DIPAS sagte: »Wenn jemand fastet,
ergeben sich manche Veränderungen des Stoffwechsels, aber in diesem Fall haben wir
nichts gefunden.« [152] Das ist ganz wichtig, denn ein zweiwöchiges Fasten ist an sich
noch nichts Besonderes. Die meisten Menschen wären dazu in der Lage, aber es würde
zu deutlichen und nachweisbaren Veränderungen im Stoffwechselgeschehen kommen.
Auch im Westen war immer wieder von Menschen die Rede, die über lange Zeit ohne
Nahrung auskommen, darunter Heilige oder als heilig verehrte Menschen wie Kathar-
ina von Siena (gest. 1380), Lidwina von Schidam (gest. 1433), die achtundzwanzig Jahre
nichts gegessen haben soll. Bei Nikolaus von Flüe (gest. 1487) sollen es neunzehn und
bei der ehrwürdigen Domenica del Paradiso (gest. 1553) zwanzig Jahre gewesen sein. Im
neunzehnten Jahrhundert lebten zwei fromme Frauen, die zwölf Jahre lang die Hostien
bei der Kommunion als einzige Nahrung zu sich nahmen: Domenica Lazzari (gest. 1848)
und Louise Lateau (gest. 1883). [153] Im neunzehnten Jahrhundert gab es in Nordamerika
und Europa außerdem das verbreitete Phänomen der »fasting girls«, die sicher zum Teil
einfach anorektisch waren und von denen einige des Betrugs überführt wurden; aber
es gibt eben auch ein paar wohldokumentierte Fälle von Mädchen, die jahrelang ohne
Nahrung auskamen.
Herbert Thurston, ein jesuitischer Gelehrter, hat dieses faszinierende Phänomen in
seinem 1952 erschienenen Buch The Physical Phenomena of Mysticism ( Die körperlichen
Begleiterscheinungen der Mystik, 1956) dokumentiert. Er betonte darin, dass Menschen,
die keine Nahrung zu sich nehmen, nicht unbedingt besonders spirituell sein müssen.
So hatte offenbar eine junge Schottin namens Janet McLeod jahrelang ohne Nahrung-
saufnahme überlebt. Der Fall wurde genau untersucht, und 1767 erschien darüber ein
Bericht in den Philosophical Transactions of the Royal Society . Diese junge Frau war
keine Heilige, sondern ernsthaft krank.
Im achtzehnten Jahrhundert ersuchte Papst Benedict XIV . die medizinische Fakultät
der Universität von Bologna, solche Fälle von Nahrungsabstinenz zu untersuchen. Die
Ärzte räumten ein, es gebe sicher Fälle von Vorspiegelung, Leichtgläubigkeit und fehler-
hafter Beobachtung, daneben jedoch auch »echte und gut bezeugte Beispiele von langer
Nahrungsabstinenz, bei denen nichts für die Beteiligung übernatürlicher Ursachen
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