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auch wirklich fehlerbehaftet, mitunter auch dann, wenn sie die erwarteten Ergebnisse
liefern. Wissenschaftler unterscheiden sich da nicht von anderen Menschen, sie akzep-
tieren Resultate, die ihre Annahmen bestätigen, sehr viel bereitwilliger als solche, die
diesen widersprechen. Dies dürfte einer der Gründe dafür sein, dass etablierte Schul-
meinungen in der Wissenschaft so langlebig sind.
Ende der siebziger Jahre untersuchte Paul Webb in seinem Labor in Ohio erneut die
menschliche Energiebilanz und kam zu überraschenden Ergebnissen. Bei ihm wollten
die Zahlenwerte einfach nicht übereinstimmen, besonders dann nicht, wenn die Versuch-
spersonen zu viel oder zu wenig aßen. Er ging die von Atwater und Benedict erhoben-
en Daten noch einmal durch und stellte fest, dass es bei manchen Experimenten erheb-
liche Abweichungen gegeben hatte, nämlich bei starker körperlicher Anstrengung und
gleichzeitiger Mangelernährung. Atwater und Benedict hatten in solchen Fällen - zu viel
oder zu wenig Nahrungsaufnahme - einfach ihre Zahlen gemittelt. Auch bei anderen
älteren Untersuchungen stellte Webb sonderbare Abweichungen fest. Schließlich befand
er: »Je sorgfältiger eine Untersuchung durchgeführt wurde, desto klarer sind die Hin-
weise auf das Vorhandensein unerklärter Energiemengen.« [150]
Bei seinen eigenen Experimenten verbuchte Webb über die Wochen sehr genau die
Nahrungsaufnahme, Änderungen des Körpergewichts, Wärme- und sonstige Ener-
gieabgabe, Sauerstoffaufnahme und Kohlendioxidabgabe. Er stellte fest, dass mehr En-
ergie genutzt wurde, als nach seinen Messungen vorhanden sein durfte. Er zweifelte je-
doch den Erhaltungssatz der Energie nicht an, sondern vermutete eine noch unbekan-
nte und folglich bislang nicht gemessene Energie, die er X nannte. Wenn man alle Un-
tersuchungen zusammen betrachtete, machte X durchschnittlich 27 Prozent des ges-
amten Energieumsatzes aus. Anders gesagt: Für mehr als ein Viertel der Energie fehlte
jede Erklärung. Spätere Untersuchungen bestätigten diese Unregelmäßigkeiten der En-
ergiebilanz bei Leuten, die zu- oder abnahmen, bei Schwangeren und bei Heranwach-
senden. [151]
All das schien aber niemanden sonderlich zu beunruhigen. Der Erhaltungssatz der En-
ergie bedurfte keiner Beweise, sondern war ein Glaubenssatz.
Moderne Vitalisten werden trotz allem darauf beharren, dass in lebenden Organismen
neben den anerkannten Formen der Energie eine Lebenskraft wirksam ist. Ein Yogi wird
von Prana sprechen, ein Akupunkteur von Chi . Schließen die verfügbaren Daten aus,
dass es Energien geben könnte, die der Physik noch nicht bekannt sind? Ist die heut-
ige Ernährungswissenschaft so genau, dass sie wirklich das gesamte energetische Ges-
chehen bei Tieren und Menschen erfasst? Sicher nicht. Vielleicht werden sehr genaue
Untersuchungen am Ende eher für das orthodoxe Dogma sprechen, jedenfalls ist es ge-
genwärtig noch als Annahme und nicht als Faktum zu betrachten. Es mag den meisten
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