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Materie taucht aus dem Nichts auf
Die Urknalltheorie, ursprünglich Uratomtheorie genannt, wurde 1927 von dem belgis-
chen Theologen und Astrophysiker Georg Lemaître aufgestellt. Sie wurde in den späten
sechziger Jahren zur allgemein akzeptierten Lehrmeinung.
Die Urknalltheorie besagt, dass alle Gleichungen bei der Ur-Singularität des Urknalls
verletzt wurden. Wenn das Universum aus nichts hervorging, konnte von der Erhaltung
der Materie und Energie keine Rede sein. Terence McKenna hat es besonders griffig for-
muliert: »Die Schulwissenschaft lehrt uns über die Zeit, dass dieses Universum in einem
einzigen Augenblick aus absolutem Nichts ins Sein sprang … Die Naturwissenschaft
scheint sagen zu wollen: ›Gib mir ein Wunder frei, und von da an wird die ganze
Sache nahtlos nach kausalen Erklärungen ablaufen.‹« [123] Dieses eine Wunder bestand
im urplötzlichen Auftauchen aller Materie und Energie einschließlich der Gesetze, denen
sie gehorchen.
Die Urknall-Schöpfungsgeschichte geht von der Erzeugung aller Materie und Energie
»am Anfang« aus, wie es schon Descartes, Boyle, Newton und andere Wissenschaftler
getan hatten, um die Physik irgendwie mit dem anfänglichen Schöpfungsakt Gottes kom-
patibel zu machen. Dazu passt, dass Papst Pius XII . diese Theorie 1951, über fünfzehn
Jahre vor ihrer allgemeinen Anerkennung in der Physik, in einer Ansprache vor der Pon-
tifikalakademie der Wissenschaften ausdrücklich begrüßte:
So scheint denn alles darauf hinzudeuten, dass das materielle Universum einen ge-
waltigen Anfang in der Zeit nahm, war es doch mit ungeheuren Energiereserven aus-
gestattet, vermöge deren es sich zuerst sehr rasch und dann immer langsamer zu
seinem gegenwärtigen Zustand hin entwickelte … Und ist es nicht wirklich so, als
würde die heutige Naturwissenschaft mit einem weiten Schritt zurück über Millionen
von Jahrhunderten Zeugnis ablegen für jenes uranfängliche Fiat lux und den Augen-
blick, in dem zusammen mit der Materie ein Meer von Licht und Strahlung aus dem
Nichts hervorbrach? [124]
Die Urknalltheorie blieb zunächst umstritten, weil sich manche Astronomen eben wegen
dieser theologischen Implikationen Sorgen machten. Einige lehnten sie sogar gerade de-
shalb ab, weil der Papst sie gutgeheißen hatte. Ein britischer Physiker mutmaßte, die
Urknalltheorie sei Teil einer Verschwörung mit dem Ziel, dem Christentum Vorschub zu
leisten: »Das heimliche Motiv besteht natürlich darin, Gott als Schöpfer ins Spiel zu brin-
gen. Es sieht aus wie die Chance, auf die christliche Theologen gewartet haben, seit es
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