Biology Reference
In-Depth Information
lich die vor ihren Augen ablaufenden Bewegungen auslösen. Sie können nämlich
nicht eintreten, ohne auf bestimmte Fliesen zu treten, die so eingerichtet sind, dass,
wenn sie beispielsweise an eine badende Diana herantreten, diese veranlasst wird,
sich im Schilf zu verbergen. Und wenn schließlich eine rationale Seele in dieser
Maschine gegenwärtig ist, wird sie ihren Hauptsitz im Gehirn haben und dort walten
wie der Brunnenmeister, der ja bei den Vorratsbehältern sein muss, zu denen die Lei-
tungen der Brunnen zurückführen, wenn er denn deren Bewegungen in Gang setzen
oder beenden oder in irgendeiner Weise ändern möchte. [64]
Im letzten Schritt der mechanistischen Revolution wurden die verbliebenen zwei
Betrachtungsebenen auf eine reduziert. Statt der Dualität von Materie und Geist gab es
jetzt nur noch Materie. Das ist die Philosophie des Materialismus, die seit der zweiten
Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts das naturwissenschaftliche Denken beherrscht.
Die meisten Wissenschaftler blieben jedoch trotz ihres öffentlichen Bekenntnisses zum
Materialismus Dualisten und bedienten sich weiterhin dualistischer Metaphern.
Der kleine Mann im Gehirn, Homunkulus genannt, spielte im Denken über die Bez-
iehung zwischen Körper und Geist weiterhin eine Rolle, nur wandelte sich diese Metaph-
er mit der Zeit und passte sich dem technischen Fortschritt an. Um die Mitte des vorigen
Jahrhunderts war der Homunkulus meist eine Art Telefonfräulein im Schaltraum des Ge-
hirns, wobei die Geschehnisse der Außenwelt wie in einem Kino projiziert wurden, zum
Beispiel in Fritz Kahns Das Leben des Menschen: eine volkstümliche Anatomie, Biologie,
Physiologie und Entwicklungsgeschichte des Menschen . [65] 2010 gab es im Natural His-
tory Museum in London eine Sonderausstellung mit dem Titel »Wie wir unser Handeln
steuern«. Da konnte man - durch ein Fenster an der Stirn - einen Blick in das Gehirn
eines Menschenmodells werfen. Innen sah man eine Art Cockpit mit lauter Instrumenten
und Kontrollleuchten und zwei leere Sessel, vermutlich für die beiden Gehirnhemisphäre
als Piloten und Copiloten. Den Geist in der Maschine musste man sich in diesem Fall eher
denken, aber jedenfalls kommt man mit dieser Darstellung zu keiner echten Erklärung,
denn die kleinen Männer im Gehirn müssten ja selbst wieder kleine Männer im Gehirn
haben - und immer so weiter.
Kleine Männer und Frauen im Gehirn wirken heute ziemlich naiv, aber die Personif-
izierung des Gehirns selbst ist nach wie vor sehr beliebt. Wenn in populärwissenschaft-
lichen Zeitschriftenartikeln und Büchern erörtert wird, was es mit Geist und Gehirn auf
sich hat, fallen immer wieder Ausdrücke wie »das Gehirn nimmt wahr«, »das Gehirn
entscheidet«, während zugleich davon ausgegangen wird, dass das Gehirn eigentlich wie
eine Maschine ist, wie ein Computer. [66] So glaubt der atheistische Philosoph Anthony
Search WWH ::




Custom Search