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Wissenschaftlicher Diskurs
Für eine Reform wäre es sehr wichtig, die kontroverse Diskussion in die wissenschaft-
lichen Institutionen hineinzutragen. Das klingt naheliegend, doch tatsächlich findet eine
solche Diskussion gegenwärtig kaum statt. Kontroverse Diskussion ist einstweilen noch
kein Bestandteil der Wissenschaftskultur.
Eine dieser Debatten - zugleich eines der Grundthemen dieses Buchs - müsste sich
um die Frage drehen, ob Leben und Geist auf Physik zurückführbar sind. Viele Biologen
glauben das. Viele Physiker haben da ihre Zweifel. »Lassen sich Leben und Geist
physikalisch erklären?« - diese Diskussion könnte auf so gut wie jedem Universitätscam-
pus geführt werden.
Die Objektivität der Naturwissenschaften könnte ein weiterer Gegenstand auf-
schlussreicher Diskussionen sein. In den Universitäten und wissenschaftlichen Instituten
arbeiten viele Menschen, die an Wissenschaft und Vernunft als Mittel der objektiven
Erkenntnis glauben. Viele teilen die weiter oben schon einmal zitierte Überzeugung Rick
Gervais': »Wissenschaft ist bescheiden. Sie weiß, was sie weiß, und sie weiß, was sie
nicht weiß. Sie leitet ihre Schlussfolgerungen und Überzeugungen von harten Beweis-
en ab.« [611] Daneben gibt es an den Universitäten auch Historiker, Soziologen und Philo-
sophen der Wissenschaft, die eine Diskussion darüber führen könnten, inwieweit das
Ideal der wissenschaftlichen Objektivität in der wissenschaftlichen Praxis verwirklicht
ist.
Schließlich die zehn Grunddogmen des Materialismus, die wir in den ersten zehn
Kapiteln dieses Buchs betrachtet haben. Sie alle würden fruchtbare Diskussionsthemen
abgeben, weshalb ich am Ende jedes Kapitels weitere Fragen angeführt habe, mit denen
sich die Diskussionen oder Gespräche vertiefen ließen.
Wenn es gelänge, die kontroverse wissenschaftliche Diskussion im öffentlichen Raum,
in den Universitäten und bei Kongressen zur Normalität zu machen, würde sich die wis-
senschaftliche Kultur ändern. Man würde es als normal empfinden, wenn Fragen offen-
bleiben und nicht eine Seite unbedingt recht haben muss, während die andere gering-
schätzig als »abweichend« eingestuft wird. In einer Demokratie finden wir es völlig in
Ordnung, dass auf der politischen Ebene Meinungspluralismus herrscht und es keine
dauerhaft von sicheren Mehrheiten getragene Partei gibt. Politische Fragen haben im-
mer mindestens zwei Seiten. Wer in einer Demokratie an der Macht ist, kann die Argu-
mente der Opposition nicht einfach vom Tisch wischen; damit würde er die Grundlagen
der Demokratie aushöhlen und sich in Richtung eines totalitären Regimes bewegen.
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