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Fakten und Werte
Auf der Illusion der wissenschaftlichen Objektivität ruht die ebenso illusionäre Unter-
scheidung zwischen Fakten und Werten. Auf diese Unterscheidung war die institutional-
isierte Wissenschaft von Anfang an gebaut. Francis Bacon (1561-1626) unterschied zwis-
chen der unschuldigen Naturerkenntnis, die Adam vor dem Sündenfall von Gott gewährt
wurde, und der Erkenntnis von Gut und Böse - von Werten -, durch die es zum Sündenfall
kam. Das war jedoch nicht die ganze Wahrheit. Bacon prägte auch das Schlagwort »Wis-
sen ist Macht«, das seither der Vorwand ist, unter dem sich Wissenschaftler Forschungs-
gelder von Regierung und Wirtschaft verschaffen. Es gibt nicht viele Förderer der wis-
senschaftlichen Forschung, die einfach an Erkenntnis um ihrer selbst willen interessiert
sind. Wenn Wissenschaftler Forschungsvorhaben einreichen und um finanzielle Förder-
ung ersuchen, weisen sie fast immer auf den zu erwartenden Nutzen ihrer Arbeit hin.
Die Fakten, die sie zu entdecken gedenken, werden in irgendeiner Hinsicht wertvoll sein
- für Landesverteidigung, Gewinnoptimierung, höhere Ernteerträge, bessere Navigation,
Hebung des nationalen Ansehens und manches andere. Da kommen die erhofften Werte
vor den Fakten, aber die versprochenen Werte lassen Geld fließen und geben dem Wis-
senschaftler die Chance, die Fakten beizubringen. [593]
Fakten und Werte sind, wie wir in diesem Kapitel gesehen haben, nicht klar getrennt,
und Wissenschaftler sind auch nur Menschen. Dennoch, Wissenschaftler haben sehr
vieles herausgefunden, was früher unbekannt war, und die Wissenschaften haben die
Bedingungen menschlichen Lebens grundlegend verändert. Aber aus den Mythen und
der Ideologie, die ihre Grundlage bilden, sind unbewusste Denkgewohnheiten und in der
Folge hinderliche Illusionen geworden, die dem wissenschaftlichen Fragen Grenzen set-
zen, weil sie Voreingenommenheit und dogmatische Verhärtung begünstigen. Die Lösung
liegt, wie ich glaube und im Schlusskapitel darstellen möchte, in einem Pluralismus, der
die Vielgestaltigkeit von Wissenschaft und Natur ebenso wie die Vielzahl der sich daraus
ergebenden Perspektiven gelten lässt.
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