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schiedenen Forschungsberichten Schöns, die sich angeblich auf verschiedene Exper-
imente bezogen, immer wieder die gleichen Daten auftauchten. Ein Untersuchung-
sausschuss fand sechzehn Fälle von wissenschaftlichem Fehlverhalten, die meist im Re-
cyceln oder Erfinden von Daten bestanden. Als Folge wurden achtundzwanzig in wis-
senschaftlichen Zeitschriften veröffentlichte Arbeiten - darunter neun in Science und
sieben in Nature - zurückgezogen. [584] Schöns Koautoren wurden für unschuldig erklärt,
obgleich auch sie sich im Ruhm gesonnt hatten, solange die Resultate als echt galten.
Besonders pikant: Im Peer-Review-Prozess waren alle diese Täuschungen nicht aufge-
fallen.
Ein weiterer Fall: 2010 wurde Marc Hauser, Harvard-Professor für Biologie, auf eine
offizielle Untersuchung hin des wissenschaftlichen Fehlverhaltens für schuldig befunden.
Er hatte Experimente mit Affen durchgeführt und dabei Daten verfälscht oder erfun-
den. [585] Auch dieses Täuschungsmanöver fiel nicht beim Peer-Review auf, sondern erst
durch die gezielt gestreuten Tipps einiger seiner früheren Studenten. Hauser ist Autor
eines Buchs mit dem Titel Moral Minds: The Nature of Right and Wrong (2007), in dem er
sagt, Moral sei ein erblicher Instinkt, von der Evolution hervorgebracht und unabhängig
von Religion. Hauser ist Atheist und sieht seine Forschungsergebnisse als Bestätigung
des atheistischen Standpunkts. Ein paar Monate vor der Aufdeckung seines Betrugs gab
er ein Interview, in dem er die Meinung äußerte, seine Forschung zeige, dass »Atheisten
so viel Ethik besitzen wie Kirchgänger«. [586]
William Broad und Nicholas Wade haben in einer scharfsinnigen Studie über Sch-
windel und Täuschung in der Wissenschaft zeigen können, dass Täuschungen ohne Wei-
teres durchgehen, solange sie nur den vorherrschenden Erwartungen entsprechen:
Die Bereitschaft, verfälschte Resultate hinzunehmen, ist die Rückseite der Medaille
des Widerstands gegen neue Ideen: Verfälschte Resultate werden in der Wis-
senschaft akzeptiert, solange sie nur plausibel präsentiert werden, mit den
vorherrschenden Vorurteilen und Erwartungen übereinstimmen und von einem Wis-
senschaftler stammen, der Qualifikationen vorweisen kann und an einer Eliteeinrich-
tung arbeitet. Wo diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, ist mit Widerstand ge-
gen neue wissenschaftliche Ideen zu rechnen … Für die Ideologen der Wissenschaft
ist Betrug ein Tabuthema, ein Skandal, dessen Bedeutung man bei jeder Gelegenheit
geradezu rituell herunterspielen muss. [587]
Wissenschaftler gehen meist davon aus, dass Schwindel selten vorkommt und nicht ins
Gewicht fällt, weil die Wissenschaft über »Selbstreinigungskräfte« verfügt. Eine sol-
che Atmosphäre von Selbstgefälligkeit ist natürlich ein wunderbarer Nährboden für
Täuschungsmanöver aller Art. [588]
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