Biology Reference
In-Depth Information
»Evidenzbasierte« Medizin und vergleichende
Wirksamkeitsforschung
Vielfach wird davon ausgegangen, dass randomisierte und placebokontrollierte Doppel-
blindstudien die einzig wissenschaftlich stichhaltige Form der klinischen Überprüfung
seien, der »Goldstandard« der empirischen Methodik. Solche Tests sind tatsächlich nütz-
lich, wenn es darum geht, die Wirkung einer Behandlungsform gegen die Wirkung von
Placebo abzugrenzen, aber sie gibt Patienten und Gesundheitseinrichtungen in vielen
Fällen nicht die Information, die sie benötigen. Wenn ich beispielsweise an Kreuz-
schmerzen leide, will ich nicht unbedingt wissen, ob Medikament X in solchen Fällen
besser als ein Placebo wirkt; mich interessiert vielmehr, welchen der verfügbaren schul-
medizinischen und alternativen Therapieansätze ich wählen soll: Physiotherapie oder von
meinem Hausarzt verschriebene Medikamente oder Akupunktur oder Osteopathie oder
noch eine andere Therapieform.
Zu einer Antwort kommt man hier am besten dadurch, dass man - so fair wie möglich
und unter möglichst gleichen Bedingungen - vergleicht, was für Ergebnisse die ver-
schiedenen Behandlungsformen vorzuweisen haben. Die relevante Frage ist ganz prag-
matisch: Was hilft? Man könnte beispielsweise gleich große Gruppen von Patienten
mit Kreuzschmerzen nach dem Zufallsprinzip verschiedenen Behandlungsformen zuweis-
en, die bei solchen Beschwerden Besserung versprechen, zum Beispiel Physiotherapie,
Chiropraktik, Osteopathie und Akupunktur. Als Vergleichsgruppe könnten Leute dien-
en, die auf eine Warteliste gesetzt und erst einmal nicht behandelt werden. Für jede
Gruppe könnten mehrere Therapeuten zuständig sein, so dass man am Ende nicht nur die
Methoden vergleichen kann, sondern auch etwas über die Unterschiede zwischen ver-
schiedenen Anwendern ein und derselben Methode weiß.
Die Einstufung der Ergebnisse würde man nach einem für alle Patienten gleichen
Verfahren in regelmäßigen Intervallen nach den Behandlungen vornehmen. Die an-
gestrebten Ziele würde man vorher im Gespräch mit den beteiligten Therapeuten festle-
gen. Die anschließende statistische Auswertung der Daten sollte erkennen lassen,
1.
welche Behandlung am besten anschlug, sofern überhaupt Wirkungen zu erkennen
sind;
2.
bei welchen Behandlungsmethoden die größten Unterschiede zwischen den An-
wendern auftraten; und
3.
welche Methoden besonders kostengünstig waren.
Search WWH ::




Custom Search