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Komplementäre und alternative Therapien
So viele Triumphe und Erfolge die moderne Medizin auch vorzuweisen hat, seit den
achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts erleben alternative Therapieformen, für die
sich zuvor meist nur Minderheiten interessierten und die alles in allem als Quacksalberei
galten, einen enormen Zuwachs an Beliebtheit. Das liegt wohl zum Teil daran, dass
sich die alternativen Therapeuten mehr Zeit für ihre Patienten nehmen und mehr per-
sönliches Interesse zeigen als Schulmediziner, die meist unter erheblichem Zeitdruck
arbeiten. Ein weiterer Grund dürfte darin bestehen, dass sich die Ärzte zunehmend auf
Medikamente verlassen und einfachere Mittel, Hausmittel, gar nicht mehr erwägen, son-
dern alles von vornherein ablehnen, was nicht mit ihrer mechanistischen Krankheits-
definition übereinstimmt. James Le Fanu schildert beispielweise, wie das bei Erkrankun-
gen der Gelenke, Muskeln und Knochen aussieht:
Auf die Entdeckung des Kortisons und anderer entzündungshemmender Stoffe hin
verkümmerte die Sachkunde der Rheumatologen zu einem Hantieren mit wech-
selnden Mischungen toxischer Medikamente - immer in der Hoffnung, der Nutzen
möge größer sein als die manchmal horrenden Nebenwirkungen. Dafür wurden all
die anderen therapeutischen Ansätze bei rheumatischen Störungen - etwa Massage,
manuelle Gelenktherapie und Diät - praktisch en bloc aufgegeben, aber seit den
achtziger Jahren werden sie von alternativen Therapeuten wiederentdeckt. [532]
Die Zahl der alternativen und komplementären Therapieansätze ist groß. Homöopathie,
Naturheilkunde, Chiropraktik und andere Verfahren erstarkten im neunzehnten Jahrhun-
dert, als der Unmut mit den häufig schädigenden Verfahren der Schulmedizin wuchs
- darunter der Aderlass oder die Anwendung von Blutegeln. Außerdem kamen ver-
schiedene Formen der Geistheilung auf, angefangen von Wunderheilungen an Wall-
fahrtsorten wie Lourdes über Glaubensheilungen in manchen protestantischen Kirchen
des angelsächsischen Raums bis hin zur Christlichen Wissenschaft, einer von Mary Baker
Eddy (1821-1910) in den Vereinigten Staaten gegründeten Kirche, nach deren Lehre
Krankheit, Verletzung, Schmerz und sogar der Tod Truggebilde sind, die ihre Kraft einem
aus der Harmonie mit Gott gefallenen Geist verdanken. Schulmediziner verwahrten sich
gegen diese Konkurrenz und brandmarkten sie als gefährliche Kurpfuscherei. [533] Und
neben all den im Westen selbst entstandenen Heilmethoden gibt es inzwischen viele
Therapeuten, die traditionelle Heilsysteme aus anderen Teilen der Welt praktizieren,
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