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Erste Anzeichen des Umdenkens
Michael Crow, Präsident der Arizona State University und leitender Wissenschaftsad-
ministrator, äußerte 2011 in einem in der Zeitschrift Nature veröffentlichten Artikel die
Ansicht, das National Institute of Health der Vereinigten Staaten müsse auf eine völlig
neue Basis gestellt werden, da es seinen Jahresetat von 30 Milliarden Dollar für die Er-
forschung der genetischen und molekularen Seite von Krankheit und Gesundheit aus-
gebe, anstatt das Verhalten der Menschen zu betrachten. Nach seinem Dafürhalten sollte
man den »barocken Aufwand« von siebenundzwanzig Instituten und Zentren aufgeben,
um sie durch lediglich drei neue Institute zu ersetzen. Eines würde sich den Grundfragen
der menschlichen Gesundheit widmen und auch nach gesellschaftlichen Zusammenhän-
gen und Verhaltensaspekten fragen. Ein zweites würde sich der Erforschung der Gesund-
heitsentwicklung widmen und sich dabei an messbaren Verbesserungen orientieren:
Es würde sich bei seiner Arbeit auf die Verhaltens-, Wirtschafts-, Technik-, Kom-
munikations- und Erziehungswissenschaften stützen und auch die biomedizinische
Grundlagenforschung berücksichtigen … Wenn es etwa darum geht, den Anteil der
Übergewichtigen in der amerikanischen Bevölkerung von derzeit 30 Prozent auf 10
bis 15 Prozent oder weniger zu reduzieren, würden die Projektleiter den Fortschritt
an dieser Zielvorgabe messen, anstatt ihn mit irgendeiner wissenschaftlichen Er-
rungenschaft - zum Beispiel der Entdeckung genetischer oder mikrobieller Ursachen
der Fettleibigkeit - zu verbinden. [528]
Das dritte Institut würde für aktive Gesundheitsverbesserung zuständig sein: »Das Insti-
tut würde seine Mittel nicht als Gegenleistung für die Produktion immer neuer Kennt-
nisse erhalten, sondern auf der Basis seines Erfolgs bei der Schaffung kostengünstiger
Verfahren zur Verbesserung der öffentlichen Gesundheit.« [529]
Jede Bemühung, das Verhalten der Menschen zu ändern, wird natürlich politische Kon-
troversen auslösen und Konflikte mit den Finanzinteressen mächtiger Gruppierungen
wie etwa der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie heraufbeschwören. Aber es spricht
nichts dafür, dass sich kollektive Gesundheitsprobleme allein mit Medikamenten und
chirurgischen Eingriffen lösen lassen, und die im Zusammenhang mit der
Übergewichtigkeit entstehenden Kosten - 2011 ungefähr 160 Milliarden Dollar allein in
den Vereinigten Staaten - werden sich den Berechnungen nach bis 2020 verdoppeln. [530]
Ein ähnliches Umdenken findet auch in anderen Ländern statt. Die britische Regierung
veröffentlichte 2010 einen offiziellen Bericht zur Gesundheitspolitik, ein Weißbuch mit
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