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materiell, doch beide wirken über Erinnerungen, Gewohnheiten und Entscheidungen auf
die Gegenwart ein.
Nach der Hypothese der morphischen Resonanz kommen ähnliche Prozesse auf jeder
Organisationsebene vor, und das betrifft auch die biologische Morphogenese. Ein Karot-
tensame entwickelt sich zu einer Karottenpflanze und wird dabei von einem morphogen-
etischen Feld geformt, das über morphische Resonanz von früheren Karottenpflanzen
vererbt wird. Solche morphogenetischen Felder enthalten die Attraktoren und Chreoden,
die die Entwicklung zur Form der ausgewachsenen Pflanze »kanalisieren« (siehe Kapitel
5 und 6). Weder ererbte Gewohnheiten noch in der Zukunft liegende Ziele sind in mater-
ieller Form in der Pflanze vorhanden; vielmehr sind sie Muster zielgerichteter Aktivität.
Im gleichen Sinne sind weder Erinnerungen noch Zielvorstellungen im Gehirn enthalten,
wenngleich sie die Gehirntätigkeit beeinflussen.
Unsere geistigen Prozesse sind größtenteils Gewohnheit und zudem unbewusst.
Bewusste geistige Prozesse drehen sich überwiegend um mögliche Aktionen, wozu auch
das Sprechen zu zählen ist. Unser Bewusstsein wohnt im Raum des Möglichen, und die
Sprache weitet diesen Raum des Möglichen ganz erheblich. Denken Sie etwa an eine
Geschichte, die Sie hören. Unser Geist kann mit Möglichkeiten spielen, die weit über un-
seren eigenen Erfahrungsraum hinausgehen. Der bewusste Geist trifft seine Wahl unter
den verschiedenen Möglichkeiten, und durch die Wahl wird eine Möglichkeit in objekt-
ive beobachtbare Aktion in der äußeren Welt überführt. Der Zeitpfeil der Kausalität ist
in diesem Fall von der Zukunft aus rückwärts in die Gegenwart gerichtet. Der Ziele und
Zwecke setzende Geist wirkt hier als finale Ursache.
Damit eine Wahl getroffen werden kann, muss der Geist über alternative Möglich-
keiten verfügen, die alle zugleich existieren. Der Physiker Freeman Dyson schreibt:
»Die Prozesse des menschlichen Bewusstseins unterscheiden sich nur graduell und nicht
grundsätzlich von den Entscheidungen zwischen verschiedenen Quantenzuständen, die
wir als ›zufällig‹ bezeichnen, wenn sie von Elektronen getroffen werden.« [425]
Nach der Hypothese der morphischen Resonanz werden alle selbstorganisierenden
Systeme - zum Beispiel Eiweißmoleküle, Schirmalgenzellen, Karottenpflanzen, mensch-
liche Embryonen und Vogelschwärme - durch morphische Resonanz mit früheren ähn-
lichen Systemen geformt und entlang von Chreoden in Richtung ihrer Attraktoren gezo-
gen. Ihr bloßes Vorhandensein zeugt von der unsichtbaren Gegenwart sowohl der Ver-
gangenheit als auch der Zukunft. Geist ist nicht aufgrund seiner Verschiedenheit von
gewöhnlicher Materie, sondern als selbstorganisierendes System in der Zeit ausgebreit-
et. Alle selbstorganisierenden Systeme haben diese Zeitdimension, sie werden durch
morphische Resonanz mit der Vergangenheit geformt und von in der Zukunft liegenden
Attraktoren angezogen.
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