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Experimentelle Überprüfung
Seit den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wird das Gefühl, angestarrt zu wer-
den, experimentell erforscht. In den Experimenten wird teils mit dem direkten Blick,
teils mit Videoüberwachung gearbeitet. In der wissenschaftlichen Literatur finden wir
das Phänomen mit Ausdrücken wie »ungesehene Blicke erkennen« oder »Fern-
Aufmerksamkeit« umschrieben, in englischen Quellen auch als scopaesthesia , ein aus
dem Griechischen abgeleitetes Wort, das so viel wie »Blick-Spüren« bedeutet.
Bei Experimenten mit direktem Blick arbeiten jeweils ein Proband und ein »Blicker«
zusammen. In randomisierten Versuchsreihen hat der Proband die Augen verbunden und
sitzt mit dem Rücken zum Blicker, der entweder den Nacken des Probanden anschaut
oder den Blick abgewendet hält und an etwas anderes denkt. Ein Klick- oder Piepton
markiert den Beginn eines Versuchs. Innerhalb weniger Sekunden rät der Proband, ob
er angeschaut wird oder nicht. Er rät entweder richtig oder falsch, und das Ergebnis
wird sofort festgehalten. Eine Versuchsreihe besteht in der Regel aus zwanzig Einzelver-
suchen.
Die Tests sind so einfach, dass auch Kinder sie machen können, und es haben bereits
Tausende Kinder daran teilgenommen. In den neunziger Jahren wurden diese Forschun-
gen durch Veröffentlichungen in der Zeitschrift New Scientist und durch Fernsehsendun-
gen der BBC und des Discovery Channel bekannt, so dass auch an Schulen und
Universitäten solche Testreihen durchgeführt wurden. Insgesamt müssen es Zehn-
tausende Versuche gewesen sein. [419] Die Ergebnisse stimmten erstaunlich gut überein.
In den meisten Fällen wurde zu 55 Prozent richtig geraten, also etwas über der Zufall-
swahrscheinlichkeit von 50 Prozent. Es war zwar kein sehr starker Effekt, aber er war
aufgrund der Vielzahl der Versuche von hoher statistischer Signifikanz. Es gab auch Ex-
perimente mit einer strengeren Versuchsanordnung, etwa in der Form, dass man die
beiden am Versuch Beteiligten durch ein Fenster oder einen Einwegspiegel trennte,
so dass auch sehr feine Hinweise aufgrund von Geräuschen oder sogar Gerüchen aus-
geschaltet wurden. Auch hier konnten die Probanden mit einer größeren als der Zufall-
swahrscheinlichkeit angeben, wann sie angeschaut wurden. [420]
Das umfangreichste Experiment zu diesem Thema begann 1995 am Wissenschaftszen-
trum NEMO in Amsterdam. Über 18000 Paare beteiligten sich, und die Resultate war-
en sowohl positiv als auch statistisch hochsignifikant. [421] Die treffsichersten Probanden
waren Kinder von unter neun Jahren. [422]
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