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Blicke spüren
Die meisten Menschen kennen dieses Gefühl, von hinten angestarrt zu werden und beim
Sich-Umwenden tatsächlich jemandes Blick zu begegnen. Viele kennen auch die akt-
ive Entsprechung, nämlich jemanden anzustarren und ihn dadurch zu veranlassen, sich
umzudrehen. Bei großen Umfragen in Europa und Nordamerika stellte sich heraus, dass
70 bis 97 der Erwachsenen und Kinder solche Erfahrungen gemacht haben. [409]
Bei Umfragen, die ich selbst in Großbritannien, Schweden und den Vereinigten
Staaten durchgeführt habe, zeichnete sich ab, dass wir solche Erlebnisse überwiegend
in der Öffentlichkeit haben, auf der Straße oder im Gasthaus zum Beispiel. Es kommt an-
scheinend eher dazu, wenn man sich ein wenig unsicher fühlt.
Im anderen Fall, dass man jemanden anstarrt und dadurch veranlasst, sich umzudre-
hen, gaben Männer wie Frauen an, ihr Beweggrund sei in den meisten Fällen Neugier,
gefolgt von dem Motiv, den anderen auf sich aufmerksam zu machen. Erotische An-
ziehung, Ärger und Zuneigung können ebenfalls Gründe sein. [410] Kurzum, dieses Vermö-
gen, die Aufmerksamkeit eines anderen zu spüren, war mit allen möglichen Motiven und
Gefühlen verbunden.
Es gibt östliche Kampfkünste, in denen es zur Ausbildung gehört, sich für Blicke
von hinten sensibler zu machen. [411] Bei manchen gehört das Beobachten anderer zum
Berufsbild. Wie ich im Laufe einer ganzen Serie von Interviews feststellen konnte, sind
Polizisten, Wachleute und Soldaten sehr gut mit dem Phänomen der Blickempfänglich-
keit vertraut. Viele hatten schon erlebt, dass jemand, den sie aus einem Versteck beo-
bachteten, die Blicke zu spüren schien. In Texas sagte ein Beamter vom Rauschgift-
dezernat: »Mir ist aufgefallen, dass die Gauner es oft irgendwie spüren, wenn etwas faul
ist, dass sie beobachtet werden. Oft blickt jemand direkt in unsere Richtung, auch wenn
nichts von uns zu sehen ist, weil wir zum Beispiel im Wagen sitzen.« Angehende Detekt-
ive lernen, dass sie beim Beschatten einer Person nur so oft wie unbedingt nötig auf den
Rücken des Betroffenen starren sollen, ansonsten könnte er sich umdrehen und merken,
dass er verfolgt wird. [412]
Erfahrene Wachleute im Zivil- und Militärbereich kennen diesen Effekt sogar beim Ob-
servieren von Leuten mit dem Fernglas. Von mehreren Soldaten hörte ich, dass manche
Leute es merken, wenn sie mit dem Fernglas beobachtet werden. Ein Soldat, Ange-
höriger des US Marine Corps, hatte 1995 mit dem Auftrag, auf »bekannte Terroristen«
zu schießen, als Scharfschütze in Bosnien gedient. Durch das Zielfernrohr erkannte er
manchmal, dass die Leute es offenbar merkten, wenn auf sie gezielt wurde. »In der
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