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Das wirkt ganz unproblematisch und scheint auf der Hand zu liegen. Zweifel erscheinen
unangebracht. Trotzdem, die Spurentheorie des Gedächtnisses ist überaus problemat-
isch. Etwas weiter gedacht, stößt sie auf verheerende logische Probleme, ganz davon
abgesehen, dass nach mehr als einem Jahrhundert Forschung und dem Einsatz vieler
Milliarden Dollar noch niemand solche Spuren gefunden hat. Für gestandene Material-
isten besagt das aber noch längst nicht, dass die Spurentheorie des Gedächtnisses falsch
sein könnte. Es bedeutet einfach, dass wir noch mehr Zeit und Geld in die Suche stecken
müssen.
Dabei sind materielle Spuren keineswegs die einzige Möglichkeit. Schon in der Antike
zweifelten etliche Philosophen, allen voran Plotin, daran, dass es sich bei Erinnerungen
um Abdrücke handelt. [337] Sie fanden, Erinnerungen seien eher immaterieller Natur und
gehörten nicht zum Körper, sondern zur Seele. [338] Auch Philosophen der Neuzeit wie
Henri Bergson und Alfred North Whitehead sahen Erinnerungen eher als direkte Ver-
bindungen über die Zeit hinweg, nicht als etwas Materielles im Gehirn (siehe Kapitel 4).
Ich vertrete die Ansicht, dass unser Gedächtnis auf morphischer Resonanz beruht. Alle
Lebewesen stehen unter dem Einfluss der morphischen Resonanz mit ihrer eigenen Ver-
gangenheit. Morphische Resonanz beruht auf Ähnlichkeit, und da jeder Organismus sein-
er eigenen früheren Form ähnlicher ist als jeder anderen innerhalb derselben Art, muss
Selbstresonanz hochspezifisch sein. Auch das kollektive Gedächtnis beruht wie das indi-
viduelle Gedächtnis auf morphischer Resonanz. Sie sind nicht grundsätzlich, sondern nur
graduell verschieden.
Beginnen wir mit der Spurentheorie des Gedächtnisses, um dann zur Resonanzhypo-
these überzugehen und uns schließlich zu fragen, wie diese Hypothese überprüft werden
könnte.
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