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Was könnte daraus folgen?
Der Glaube, dass Vererbung fast ausschließlich auf Genen beruht, spielt sich nicht nur
auf intellektueller Ebene ab, sondern hat sehr weitreichende wirtschaftliche und polit-
ische Folgen. Hunderte Milliarden Dollar wurden in Biotechnologie- und Genomprojekte
investiert. Wenn Gene der Schlüssel zum Leben sind, dann wollen wir sie besitzen und
Gewinn aus ihnen schlagen. Es könnte aber sein, dass die Gene sehr stark überschätzt
werden, und dann wird die Genomik niemals die an sie geknüpften Hoffnungen erfüllen
können. Einige wenige Firmen stellen sinnvolle Produkte her, aber viele machen nur Ver-
sprechungen, die sich einfach nicht bewahrheiten wollen.
Seit den sechziger Jahren starren wir auf die Gene als Träger der Geheimnisse des
Lebens, und das hat sich als unheilvoll für unsere gesamte Kultur erwiesen. Jeffrey
Skilling war CEO bei Enron, einer für rücksichtslose Profitgier bekannten Firma. Sein
Lieblingsbuch, sagte er, sei Das egoistische Gen , [334] und die Theorie des egoistischen
Gens prägte denn auch die Firmenkultur - bis zum Bankrott im Jahr 2001. Skilling, der
jetzt eine lange Haftstrafe verbüßt, entnahm der neodarwinistischen Theorie, dass Ei-
gennutz letztlich auch für seine Opfer gut ist, weil er Loser aussiebt und die wirklich
Lebenstüchtigen zur Entfaltung ihrer Kräfte zwingt. [335]
Gene sind trotz der Verführungen anderslautender Rhetorik weder individualistisch
noch egoistisch. Als Bestandteile eines größeren Ganzen wirken sie an der Entwicklung
von Organismen und ihrem Verhalten mit. Falls sie überhaupt eine Moral zu vermitteln
haben, dann wohl die, dass Leben nur als Miteinander und nicht als rücksichtsloser
Konkurrenzkampf funktioniert.
Ein breiteres Verständnis der Vererbung, das neben Genen und Genmodifikationen
auch morphische Resonanz berücksichtigt, erschließt viele neue Fragen und versetzt die
Biowissenschaften in die Lage, über den Tellerrand der Molekularbiologie zu blicken.
Wissenschaftlich gesehen, tut sich hier wirklich Neuland auf. Zunächst einmal ist »erb-
lich« dann nicht mehr einfach gleichbedeutend mit »genetisch«. Gene spielen eine
wichtige Rolle bei der Vererbung, aber längst nicht die einzige. Die Vererbung von For-
men und Verhaltensweisen könnte durch morphische Resonanz vermittelt sein. Die Res-
onanz ist zwar physikalischer, aber nicht materieller Natur. Eine ähnliche Rolle könnte
die morphische Resonanz auch für die kulturelle Vererbung spielen.
Tiere und Pflanzen sind durch morphische Resonanz mit früheren Generationen ihrer
Art verbunden. Jedes Individuum schöpft aus dem kollektiven Gedächtnis seiner Art und
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