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Schwerkraft in Richtung Zukunft
In Attraktormodellen fungiert, wie wir gesehen haben, die Schwerkraft als Metapher für
den Zug in Richtung eines Endpunkts oder Ziels - etwa im Modell des Potenzialtopfs oder
bei dynamischen Attraktoren, bei Attraktoren in morphogenetischen Feldern, Chreoden
und Attraktoren des Tierverhaltens. Alle diese Veranschaulichungen eines gerichteten
Geschehens beziehen ihre Glaubwürdigkeit aus der Erfahrung der Schwerkraft.
Schwerkraft, Gravitation, ist in unserer Erfahrung allgegenwärtig und daher selbstver-
ständlich. Wir leben und weben und haben unser Sein im Gravitationsfeld, wie Fische im
Wasser leben. Wenn wir etwas loslassen, fällt es zu Boden. Im aufrechten Gang halten
wir beständig gegen die Schwerkraft unser Gleichgewicht. Wenn wir uns zum Schlafen
hinlegen, überlassen wir uns ihr. Wenn wir mit dem Fallschirm aus dem Flugzeug sprin-
gen, holt uns die Schwerkraft zur Erde zurück. Gravitation ist eine Anziehungskraft, die
auf alles in ihrem Einflussbereich einen Zug ausübt. Ein Objekt im Gravitationsfeld wird
in Richtung Zukunft gezogen. Gravitation wirkt in Richtung von Zielen, die in der Zukun-
ft liegen, und in diesem Sinne wirkt sie zeitlich rückwärts.
Wenn ein Felsbrocken aus der Wand stürzt, ist »Zug der Schwerkraft aus der Zukunft«
keine Metapher, sondern eine Beschreibung. Aber wie sieht es bei der Evolution des
Universums aus? Wird alles zu einem Schwerkraft-Zielpunkt, einem Attraktor hingezo-
gen? Das gesamte Universum befindet sich im universalen Gravitationsfeld, das nach
Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie nicht in Raum und Zeit ist, sondern Raumzeit
ist . Schwerkraft zieht alles zusammen, und wenn keine ausgleichenden Gegenkräfte
wirksam sind, kann Materie in sich selbst zusammenstürzen und Schwarze Löcher
bilden, etwa wenn schwere Sterne ausbrennen. Sollten andererseits die Kräfte, die das
Universum auseinandertreiben, unterhalb eines kritischen Werts liegen, wird sich das
Universum irgendwann wieder zusammenziehen, schneller und schneller, bis es im »Big
Crunch«, der Umkehrung des Urknalls, in einem einzigen Schwarzen Loch verschwindet.
Das ist der letzte kosmische Attraktor, das Ende, zu dem Gravitation letztlich hinstrebt.
Danach wird vielleicht in einem weiteren Urknall ein neues Universum geboren.
Gegen den kontrahierenden Zug der Schwerkraft wirkt die dunkle Energie, die den
Raum selbst expandieren lässt. Sollte es genug von dieser dunklen Energie geben, wird
sich der Raum nach Roger Penroses Theorie (siehe Kapitel 2) immer weiter und exponen-
tiell ausdehnen, bis alle Strukturen auseinanderfallen. Materie wird verdünnt, bis alles
zu einem unterschiedslosen Meer von Photonen und anderen masselosen Teilchen ge-
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