Biology Reference
In-Depth Information
Theorien nehmen dagegen an, dass jedem Universum im Augenblick des Urknalls seine
eigenen Gesetze und Konstanten mitgegeben wurden - sie sind jedem Universum irgend-
wie »aufgeprägt«. Aber wie werden sie »erinnert«? Wie »weiß« ein bestimmtes Univer-
sum, welche Gesetze und Konstanten in ihm herrschen, im Unterschied zu den Gesetzen
und Konstanten anderer Universen? Der Kosmologe Martin Rees sagt: »Die physikalis-
chen Gesetze und Konstanten wurden beim Urknall ›festgelegt‹.« [184] Er räumt jedoch
ein, »dass die Mechanismen, nach denen einem neuen Universum die Grundgesetze und
Grundkonstanten ›aufgeprägt‹ werden, weit über unser Verständnis hinausgehen.« [185]
Manche Physiker und Kosmologen sind mit solchen Spekulationen gar nicht glücklich.
Massen von unsichtbaren Universen - das verträgt sich nicht mit dem Prinzip, dass Hypo-
thesen wissenschaftlich überprüfbar sein müssen. Die Vertreter der Multiversen-Theorie
halten dagegen, die Mathematik selbst, etwa im Rahmen der String- und M-Theorie, un-
termauere ihre Spekulationen. Leider sind die String- und M-Theorie selbst nicht experi-
mentell überprüfbar. Ein Kritiker, Peter Woit, findet diesen Ansatz nicht richtig, ja »nicht
einmal falsch«, und so nannte er auch sein Buch zum Thema: Not Even Wrong . [186] Auch
mit allgemeinen Voraussagen, in denen die Superstring-Theorie mit anderen übereinzus-
timmen scheint, beispielsweise die Supersymmetrie, sieht es nicht gut aus. Der Physiker
Lee Smolin fasste das schon 2006 sehr knapp zusammen:
Es dürfte kaum übertrieben sein zu sagen, dass in den letzten dreißig Jahren Hun-
derte Berufslaufbahnen und Hunderte Millionen Dollar der Suche nach Anzeichen
der großen Vereinigung, der Supersymmetrie und höheren Dimensionen gewidmet
wurden. Und trotz aller Anstrengungen stellen sich keine greifbaren Anhaltspunkte
für irgendeine dieser Theorien ein. Die Bestätigung einer dieser Ideen, selbst wenn
sie noch nicht als direkte Bestätigung der String-Theorie gelten könnte, wäre der er-
ste Hinweis darauf, dass zumindest Teile des durch die String-Theorie bedingten ges-
amten Annahmenkatalogs uns der Realität näherbringen, anstatt uns von ihr weg-
zuführen. [187]
Viele Physiker lehnen die Multiversen-Theorie ab und warten dafür mit einer Reihe al-
ternativer Vorschläge auf. Manche setzen auf eine »endgültige Theorie«, eine math-
ematische Formel, von der sich alle Details unseres Universums ableiten lassen, auch
die sogenannten Naturkonstanten. Die Einzigartigkeit des Universums wäre dann eine
notwendige Folge seiner Mathematik. [188] Das ist der platonische Traum in Reinkultur,
nur bislang scheint er nicht wahr werden zu wollen. Doch nehmen wir an, die Physiker
würden wirklich eines Tages Die Formel finden. Auch da müsste man doch gleich fragen:
Woher kommt sie? Weshalb gibt es sie überhaupt? Vielleicht müsste dann noch eine Su-
performel gefunden werden, aber die Frage bleibt gleich: Woher kommt gerade sie?
Search WWH ::




Custom Search