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Viele Universen
Dass die Gesetze und Konstanten der Natur genau richtig für menschliches Leben auf
diesem Planeten sind - das anthropische kosmologische Prinzip also -, bedarf einer
Erklärung. Wären die Gesetze und Konstanten nur ein wenig anders, wäre kohlenstoff-
basiertes Leben nicht möglich. Ein Lösungsvorschlag nimmt einen »intelligenten Design-
er« an, der im Augenblick des Urknalls die Feinabstimmung der Gesetze und Konstanten
vornahm, damit sie für die Entstehung menschlichen Lebens genau richtig waren. Das
wäre die moderne Spielart des Deismus. Aber der Rückgriff auf einen göttlichen Geist,
sei er auch mathematischer Natur, ist mit dem atheistischen Geist der modernen Natur-
wissenschaft nicht vereinbar. Viele Kosmologen nehmen lieber an, dass es neben unser-
em Universum unzählige andere gibt, jedes mit seinen eigenen Gesetzen und Konstanten.
In diesen »Multiversen-Modellen« findet der Umstand, dass wir in einem für uns genau
richtigen Universum leben, eine sehr einfache Erklärung: Unser Universum ist eines von
unzählig vielen, aber das einzige, das wir wahrnehmen können, eben weil es das einzige
für uns geeignete Universum ist. Kein Konstrukteur, kein göttlicher Geist musste es so
einrichten. [180]
Es gibt zwei weitere Gründe für die Beliebtheit des Multiversen-Modells bei den Kos-
mologen. Erstens lassen Modelle, die eine extrem rasante Ausdehnungsphase unmit-
telbar nach dem Urknall annehmen, den Schluss zu, dass die Ausdehnung nicht nur
unser Universum, sondern viele andere entstehen lassen konnte und dass sie weit-
erhin neue Universen hervorbringt. [181] Nach diesem Modell der ewigen Ausdehnung
entstehen immer weitere »Taschen-Universen«, und unseres ist eben eins von ihnen. Die
Superstring-Theorie ist der zweite Grund für die Beliebtheit des Multiversen-Modells.
Für die Gleichungen dieser zehndimensionalen Theorie und der mit ihr verwandten elfdi-
mensionalen M-Theorie gibt es unvorstellbar viele Lösungen, nämlich 10500, von denen
jede einzelne einem Universum entsprechen könnte. [182]
Manche Theoretiker gehen noch weiter. Der Kosmologe Max Tegmark hält dafür, dass
es jedes mathematisch mögliche Universum auch irgendwo geben muss: »Es gilt be-
dingungslose mathematische Demokratie: Mathematische Existenz und physische Ex-
istenz sind äquivalent, so dass alle mathematischen Strukturen auch physisch existieren
müssen.« Wie er selbst anmerkt, kann man diese Theorie »als radikalen Platonismus an-
sehen«. [183]
Im alten Platonismus galten mathematisch formulierte Gesetze als Wahrheiten, die
Raum und Zeit transzendieren und deshalb immer und überall gelten. Die Multiversen-
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