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»Einen was?«
»Den Bratspießchenladen Akiyoshi aus Fukui. Er hat eine Filiale in Ikebukuro aufgemacht.«
Das war nur zwei U-Bahn-Stationen weit weg.
»IchbinschonmiteinemFreundverabredet,Kenji-erinnerstdudich,erhatmichmalinFukuibesucht.
Macht es dir was aus, wenn er mitkommt?«
Tatsächlich sah der Bratspießladen Akiyoshi 2007 in Tokio innen so ähnlich aus wie Akiyoshi 1997 in
Fukui, nur neuer und steriler. Der Filialleiter war bereits ein Freund von Miguel und behandelte uns wie
Ehrengäste. Das Bier und die Spießchen kamen besonders schnell. Wir nahmen Haut, Knorpel und Leber.
»Hast du deine Japanerin geheiratet?«
Er zeigte mir seinen Ehering.
»Kinder?«
»Noch nicht.«
Ich sah mir Miguel genauer an. Er wirkte distinguierter durch sein Leben als Firmenangestellter und
Ehemann.
»Ich war heute bei der Alien Registration«, sagte ich.
»Da verbringe ich auch viel Zeit. Meine Sachbearbeiterin auf dem Ortsamt ist bereits eine alte Bekannte
von mir. Zeig mal deine Alien-Karte.«
»Muss das sein?«
Ich zog meinen Geldclip heraus und gab ihm die Karte. »Du darfst bis Ende 2009 bleiben«, entnahm er
der Karte. »Und du arbeitest jetzt für eine Wirtschaftszeitung.« Die reflektierenden Rillen der Plastikkarte
glitzerten, während Miguel sie hin und her drehte.
Jeder Nichtjapaner erhält so einen Ausländerausweis. Schon in Fukui musste ich ihn immer mit mir her-
umtragen, damals noch mit meinem Fingerabdruck drauf.
»Ein unmöglicher Name, Alien Registration«, sagte ich.
»Gewöhn dich dran, du bist jetzt ein Außerirdischer. Die Japaner wissen halt nicht, dass in Wirklichkeit
sie die Aliens sind.«
»Ihrseidleichtzufinden.SovieleDeutscheundSüdamerikanersitzenhierjanichtzusammen.Langenicht
gesehen«, sagte plötzlich Kenji neben uns. Welch ein Unterschied zur Begrüßung mit Miguel. Wir hatten
uns umarmt, gegenseitig auf den Rücken geklopft, uns in Armeslänge betrachtet und uns laut versichert,
dass wir besser aussähen als je zuvor.
»Wirklich lange nicht gesehen«, sagte ich also einfach zu Kenji. Nicht alle Japaner mögen emotionale
Zeremonien mit großen Umarmungen.
»Entschuldigung!«, rief Kenji erst mal. »Drei Bier!«
»Verstanden! Drei Bier!«, echote es von all den emsigen Kellnern in weißen Yukata gleichzeitig. Der
Ruf pflanzte sich bis zum Zapfhahn fort.
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