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Politik dagegen reduziert sich außerhalb des Wahlkampfs oft auf das Wesentliche. Die
zwei Parteien, die sich die Vormachtstellung im Lande teilen, beginnen mit den glei-
chen beiden Buchstaben. Dank der vermutlich durch die lange Herrschaft des Faschis-
ten Salazar bewirkten skurrilen Linksverschiebung der parteipolitischen Landschaft
Portugals ist die Partido Social Democrata (PSD) in etwa das Pendant der CDU in
Deutschland. Ihre Wähler stammen traditionell aus Nord- und Mittelportugal samt
den Azoren und der wohlhabenden Enklave Madeira. SPD-Wähler würden in Portugal
wahrscheinlich die 1972 sogar im deutschen Exil gegründete Partido Socialista (PS) des
derzeit amtierenden Ministerpräsidenten José Sócrates bevorzugen.
Auch auf dem Zeitungsmarkt teilen sich vorwiegend zwei Zeitungen die anspruchs-
volleren Leser: Das Traditionalistenblatt Diário de Notcias mit hübschen alten Lettern
in der Titelzeile bedient vorwiegend das konservativ-liberale Publikum, während auf-
geschlossene Linksliberale lieber die buntere Público mit modernem Layout kaufen.
Die Alternative zu den beiden Lissabonner Blättern kommt wie beim Fußball aus Por-
to, das alteingesessene nördlich-strenge Jornal de Notcias . Auflagenstärkste Konkur-
renz ist das Boulevard- und Nachrichtenblatt Correio da Manhã.
Nirgendwo sind die Wochenzeitungen so umfangreich und dick wie in Portugal: O
Independente oder O Expresso beispielsweise müssen daher in gesonderten Plastiktüten
über den Tresen gereicht werden. Neben Sportzeitschriften haben aber vor allem
Boulevard-Hochglanz-Magazine im Stil von Bunte oder Gala in Portugal Konjunktur.
Dieser Zweig wird Imprensa cor-de-rosa , rosa Presse, genannt, und er bietet haupt-
sächlich Klatsch und Fotos des in Portugal eher kleinen Kreises von Stars und Adligen.
Als die Verfilmung des wunderbaren Familienepos Os Maias , des großen Klassikers
der portugiesischen Literatur des 19. Jahrhunderts von José Maria Ea de Queiroz, durch
die Medien ging, war dies ein nationales Ereignis. Sämtliche Hauptdarsteller wurden
ausführlich in der rosa Presse vorgestellt und mit geradezu hinreißender Aufmerksam-
keit bedacht, die man einem epischen Gesellschaftsroman allein wohl in dieser Form
versagt hätte.
Internationale Presse ist an nicht wenigen der kleinen, achteckigen, grünen Zeit-
schriftenkioske erhältlich, deren Ständer oft schwer an der Fülle portugiesischer Zei-
tungen zu tragen haben. Auch wenn sie mit ihren zumeist betagten Verkäuferinnen
und Verkäufern immer noch ein Wahrzeichen Lissabons sind, werden sie im Zuge der
Modernisierung zunehmend durch viereckige Betonklötze ersetzt. Ein Umstand, der es
schwer vorstellbar macht, mit welchen unwiderstehlichen Angeboten der Nachwuchs
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