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noch billiger als die Busse. Staatliche Unterstützung erlaubt es der Eisenbahngesell-
schaft Caminhos de Ferro Portugueses , kurz CP, die Preise niedrig zu halten, die Ver-
bindungen zwischen den großen Städten mit den Intercidades sind exzellent. Und
selbst die Zukunft des Schienenverkehrs hat in Portugal einen wohlklingenden, in mu-
sikalisch geschulten Ohren gar hämmernd dröhnenden Namen: Was hochoffiziell als
Rede Ferroviária de Alta Velocidade bezeichnet wird, also als Eisenbahnnetz der Hoch-
geschwindigkeit, wird lustig zu RAVE abgekürzt. Leider hat auch da die Finanzkrise
zugeschlagen und man verhängte verständlicherweise einen Baustop für die Trassen
nach Madrid und Porto. Daher rücken traditionelle Nebenstrecken wieder zunehmend
ins Bewußtsein, sie lohnen die oftmals lange Reisedauer jedoch unbedingt, ganz abge-
sehen von der physiologisch wie psychologisch entschleunigenden Wirkung. Beson-
ders eine Fahrt von Porto in die Region der Portwein-Quintas im oberen Douro-Tal hat
malerische Qualität. Wer den Zug Richtung Pocinho nimmt, kann in Pinhão aussteigen
und eine der schönsten Bahnstationen überhaupt besichtigen. Sie ist, wie die Estaão do
São Bento in Porto, fast vollständig mit azulejos verkleidet. Das sind kleine Kacheln,
zumeist in Blau und Weiß, mit denen überall in Portugal Kirchen, Häuserwände und
Oberflächen gestaltet werden. Die Tradition reicht bis in maurische Zeiten zurück,
auch der Name stammt wahrscheinlich aus dem Arabischen: Al zulaycha steht für
»polierter Stein«. Die Steine führen den Reisenden zurück in die Geschichte des Lan-
des und können als märchenhafte Wegweiser in die Umgebung dienen. So finden sich
außer floralen Verzierungselementen in Pinhão auch Szenen rund um den Weinbau. In
Porto hat sich der Künstler Jorge Colao Anfang der dreißiger Jahre des vergangenen
Jahrhunderts sogar der portugiesischen Geschichte angenommen und stellt dort neben
entscheidenden Schlachten (die der Unabhängigkeit von Spanien von 1385 gab gleich
einer ganzen Stadt ihren Namen: Batalha) Alltagsmotive als Bildergeschichte dar.
Das Reisen mit der Bahn hat also entscheidende Vorteile, zumal die Überle-
benschancen im Vergleich zur Straße enorm sind. Und als ob sich ein darwinistisches
Element auch in den Wettbewerb der Verkehrsmittel eingeschlichen hätte, gab Portu-
gal dem schnellsten Zug des Landes einen sprechenden Namen: Alfa . Er kostet das
Doppelte eines normalen IR (eine Art Interregio), ist aber seinen Preis wert. Das Alfa -
Tier huscht ruhig durch die Landschaft, und auch im Inneren der Züge herrscht ele-
gante Stille. Unterhaltungen finden allenfalls in Form eines lieblichen Getuschels statt,
und nur in der ersten Klasse wird die formelle Strenge gelegentlich durch das scheue
Piepsen eines telemóvel gestört. Die Innenausstattung ist grün wie die berühmte Ge-
müsesuppe caldo verde , und wer sich in den bequemen Polstern zurücklehnt, fühlt sich
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