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denen Straßentypen gibt einen guten Vorgeschmack auf die portugiesische Bürokratie,
nicht erst durch den Schriftsteller und Buchhalter Pessoa in an Kafka gemahnender
Manier überliefert. Wer rot sieht, befindet sich auf der Karte nahe einer Nationalstra-
ße, kurz N- mit ein bis drei Zahlen dahinter. Das klingt ziemlich staatstragend, kann
aber von gelb bis zur Fast-Bundesstraße alles bedeuten. Ausgebaute Nationalstraßen
wiederum führen das Kürzel IP, da geht es zwei- bis drei- und manchmal sogar vier-
spurig erheblich schneller vorwärts. Rot bedeutet nicht umsonst Gefahr. Dieser Um-
stand wiegt die Fahrer auf Schnellstraßen nämlich in einer trügerischen Sicherheit.
Hier wird besonders in der Bergregion um Trás-os-Montes manchmal schon bedenk-
lich Gas gegeben, als seien die Haarnadelkurven nichts weiter als optische Täuschun-
gen bei hoher Geschwindigkeit.
Grün ist die Hoffnung, und mit ihr kommt die Autobahn als Europastraße mit
großem E in greifbare Nähe. Als rein lokale Autobahn ist sie auch mit blauen Zeichen
und A zu erkennen, ein sicheres Zeichen für die Melancholie der blauen Stunde, denn
hier muß Maut bezahlt werden. Auch spielen die Straßen manchmal Bäumchen-
wechsel-dich und heißen plötzlich ganz anders, obwohl man noch immer auf dersel-
ben Straße fährt. Sicherlich ein Trick, um die Fernfahrer wachzuhalten. Allein die Stre-
cke Lissabon-Porto, so verriet mir ein aufmerksamer Freund, trägt im Verlauf vier Be-
zeichnungen: IP 1, A1, E1 und E80. Des weiteren sollte berücksichtigt werden, daß auf-
grund der portagens auf der Autobahn die Abfahrten keinesfalls so rasch folgen wie
auf vergleichbaren deutschen Autobahnen.
Als wir einmal einen relativ frühen Flug mit der TAP ab Lissabon erreichen mußten,
verordnete ich uns einen extra großzügig berechneten Abfahrtstermin vom schönen
Praia das Maãs aus, einem malerischen Seebad mit Nivea-Strandballon und Corniche,
das man eigentlich am besten von Sintra aus mit einer alten Straßenbahn erreicht, die
noch zu Salazars Zeiten die Prominenz aus der großen Stadt in die Sommerfrische
transportierte. Wir wollten in aller Herrgottsfrühe die hoffentlich freie Autobahn zum
Flughafen zu erreichen. Leider hatten wir zwei Dinge nicht bedacht: Erstens das
Auftanken. Einmal in den Autobahnkreis um Lissabon geraten, kamen plötzlich keine
Tankstellen mehr, obwohl wir uns gerade noch auf einer mit schnellem köstlichen
Espresso-Frühstück versorgt hatten. Zerknirscht, da schon bald die Ausfahrt zum Flug-
hafen kommen würde, überlegte ich, ob es möglich sein würde, den Wagen unbetankt
zurückzugeben, als bereits Problem Nummer zwei in Sicht kam, besser gesagt nicht in
Sicht. Die Feuchte der Herbstluft schlug sich als Nebel nieder, der sich nun in immer
tieferen Schleiern über die Straße und deren sparsame Beschilderung legte, alles ver-
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