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die sieben Hügel der Stadt zu Füßen, bevor man auf dem Flughafen Portela de Sacavém
aufsetzt. Die Verwirrung, innerhalb kürzester Zeit mit Assoziationen der unterschied-
lichsten Länder konfrontiert zu werden, wird sich nicht legen, bietet Portugal doch auf
seinen relativ schmalen 190 000 Quadrat- und 832 Küstenkilometern eine erstaunliche
Vielfalt an Klimazonen und Landschaftstypen. Sie reicht vom trockenen Kontinental-
klima im verbrannten Alentejo bis zur feuchten Tropenvegetation um Sintra, vom win-
termilden Golfstromwetter an der Dünen- und Felsküste der Algarve bis zum oft ver-
regneten Gebirge im Nordosten an der Grenze zu Spanien. Böse Zungen behaupten
gar, die Natur habe den Portugiesen die Berge geschenkt, damit die Wolken hier abreg-
nen und Spanien in der Dürre schmoren lassen.
Obwohl selbst die natürlichen Grenzen nicht unüberwindbar sind, wie es die vielen
Besetzungen des Landes durch die Mauren, die Spanier oder die Franzosen bewiesen
haben, ist sofort spürbar, daß Portugal ein Land mit eigenen Gesetzen ist, aus anderem
Holz geschnitzt als der Rest Europas. Camões nannte die Einwohner seine »Kinder des
Lichts«. Und die kindliche Freude ist es auch, die selbst die Erwachsenen immer wie-
der ergreift, wenn sie beispielsweise ein ausgewachsenes Kraftfahrzeug wie ein Spiel-
zeugauto behandeln. Fernando Pessoa schreibt einmal in seinem Vademecum der por-
tugiesischen Verfaßtheit, »Livro do Desassossego«, dem »Buch der Unruhe«:
»Gott erschuf mich als Kind und hat mich immer ein Kind bleiben lassen. Warum
aber hat er zugelassen, daß mich das Leben geschlagen hat, mir meine Spielzeuge weg-
nahm und mich in den Pausen allein ließ (…)?«
Kommt man angesichts all der alten Pracht, die man bereits im Landeanflug begut-
achten kann, auf die Idee, am Ende in einer anderen Zeit angekommen zu sein, so ent-
spricht dies ganz den Tatsachen. Portugal befindet sich in der Greenwich Mean Time
(GMT), einer Zeitzone westlich von Mitteleuropa, und stellt zusammen mit England
im Frühjahr auf Sommerzeit um.
Vor die Frage gestellt, welches Fortbewegungsmittel man innerhalb des Landes be-
nutzen sollte, ist guter Rat geboten. Individualreisende werden unbedacht zwecks Fle-
xibilität zum Leihwagen tendieren. Man kann sie nur todesmutig nennen. Das Verhal-
ten der Portugiesen im Straßenverkehr steht nämlich in krassem Gegensatz zu ihrem
ansonsten friedlichen Habitus. Bisweilen entsteht der Eindruck, daß alle Aggressivität,
jedes Minderwertigkeitsgefühl und ein Anflug von Wahnsinn, ausgelöst vom schmerz-
lich empfundenen Verlust portugiesischer Größe, sich ein Ventil im Autoverkehr su-
chen und auch finden. Wer nach vergleichbaren Parametern sucht, muß sich das Gan-
ze in etwa so vorstellen: Die Grundstimmung ist italienisch, Rom nach einem verlore-
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