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Aus der Tatsache, daß die Stadtverwaltung Tel Aviv Ende
1994 wegen nicht bezahlter Strafzettel Außenstände von
umgerechnet rund 30 Millionen Mark hatte, läßt sich schließen,
wie sich die Mehrzahl der säumigen Parksünder entschieden hat.
Etwas anderes wäre auch ausgesprochen unisraelisch gewesen.
Das Motto lautet: Du hast keine Chance, aber nutze sie. Und
danach handeln die Israelis, denn sie gehen davon aus, daß es
sich dabei um die letzte Chance, die sie nicht haben, handelt.
Der Umgangston im Lande ist deshalb oft genug ruppig, die
Reizschwelle liegt niedrig, und die Ellbogen sind angriffsbereit
ausgefahren. Nach der Devise »Alle denken an sich, nur ich
denke an mich« haben die Israelis einen bemerkenswerten
Egoismus entwickelt, der gelegentlich an Autismus grenzt, dann
nämlich, wenn sie sich so verhalten, als gebe es außer ihnen
niemanden auf der Welt. Das fängt bei Kleinigkeiten an, etwa
der Fähigkeit, sein Auto genau da zu parken, wo es entweder
den Verkehr erheblich behindert, zum Beispiel in einer Kurve,
oder wo es eine Einfahrt blockiert. Da kann noch soviel Platz
auf der Straße sein: Vor Nachbars Garage parkt es sich am
besten. Sein Pech, wenn der gerade jetzt nach Hause kommt
oder wegfahren will.
Dahinter verbirgt sich nicht böse Absicht, es ist vielmehr
Gedankenlosigkeit. Bevor sich ein Israeli der Mühe unterzieht
und sich Gedanken darüber macht, ob er mit seinem Auto den
Verkehr oder eine Einfahrt blockiert, tut er das nächstliegende:
er parkt erst einmal. Erstens könnte es ja sein, daß sich im
Moment niemand gestört fühlt - und diese Chance zu nutzen,
lohnt sich allemal -, zweitens fühlt ja er selbst sich nicht gestört,
was von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist -, und drittens
kann man im Falle eines Falles immer noch wegfahren - und hat
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