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anderen Teil aber daran, daß jenseits religiöser Einflüsse Israel
einfach eine patriarchalische Gesellschaft ist. Daran ändern auch
die sozialistischen Ideen nichts, mit denen die Gründerväter (!)
dieses Staates einst angetreten sind. Noch 1994 konnte
Staatspräsident Ezer Weizman einer jungen Frau, die zur
Luftwaffe wollte, ins Gesicht sagen: »Mädele, Männer stricken
doch auch keine Socken.« Es ist anzunehmen, daß die
(männliche, nicht strickende) Mehrheit der Israelis ihrem
populären Präsidenten stillschweigend zustimmt. Ach was, nicht
stillschweigend, lautstark!
Vielleicht könnte man es so sagen: Israel, das ist Italien mit
anderen Mitteln. Südländisch und orientalisch, laut und
liebenswert, geprägt vom mediterranen Klima ebenso wie von
der Last der Geschichte, emotional und sprunghaft. Israel - das
ist ein ständiges Wechselbad der Gefühle. Die Stimmung
unterliegt großen Schwankungen, was fehlt, ist das gleichmäßig
ruhige Mittelmaß, hier geht es ständig auf und ab, auf
Begeisterung folgt Entsetzen und umgekehrt. Seit Jahren schon
sagen die Israelis, in ihrem Land gebe es keine einzige ruhige
Minute, und die Werber im Tourismusministerium vermarkteten
diesen Umstand zu dem griffigen Slogan:
Never a dull moment - Keinen Augenblick der Langeweile.
Das mag für Touristen ganz aufregend sein und vielleicht sogar
anziehend, für die Israelis ist es schlicht ermüdend. Der
israelische Schriftsteller Amos Oz, der seine Landsleute wie
kaum ein zweiter kennt und in seinen Büchern beschreibt,
meint: »Alle gehören ganz offensichtlich zu ein und demselben
Stamm, der ausnahmslos unter ständigem Schlafmangel zu
leiden scheint.« 1 Deswegen sind die Schlafzeiten heilig und ist
es ausgesprochen unhöflich, jemanden zwischen 14 und 16 Uhr
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