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Beim Verlassen vom Ant-Atoll flossen die Tränen. Diesmal war es seine Flotte Kokos-
nussboote mit Segeln aus Blättern, die er am Strand zurücklassen musste. Wochenlang
hatte er sie gegeneinander Regatta segeln lassen. Mit einem »Gott beschütze euch« verab-
schiedete er sich von seinen Booten.
Die Zeit auf Ant verstrich wie im Garten Eden. Das waren Tage, die keiner von uns je
vergessen wird. Wir rekelten uns in der Sonne, trugen schon lange keine Kleider mehr, zo-
gen sie nur widerwillig an, wenn ich mit der Kamera herumlief. Niemand hatte Lust zu po-
sieren, aber irgendetwas muss der Mensch tun. Er ist - erkannten wir - fürs Paradies doch
nicht geschaffen.
Drei Wochen genossen wir die Ameisen-Insel, dann ging's wieder Segel auf. Schade.
Der Gedanke hielt jedoch nicht lange. Im Bordradio spielten sie auf allen Sendern Beeth-
oven, aus Anlass seines 150. Todestages. Wie schön und passend im Rhythmus der anrol-
lenden Wellen.
Kaum auf dem Meer, erlebten wir nämlich unser eigenes Stück Dramatik: Sturmfock
und tief gerefftes Großsegel. Es ging gegenan und wurde nass. Astrid verschwand unter
Deck, der Junge versorgte sich selbst, und mir verdrehte sich erstmals auf dieser Fahrt der
Magen.
400 Meilen vor uns wartete Papua-Neuguinea. Wir schipperten über Nukumanu, Put-
Put, Rabaul, Kaviang nach Garove, wo sich eine Station der Hiltruper Missionare befindet.
Es war Sonntag. Ein kleiner Junge läutete zum Gottesdienst, indem er mit einem Stück Eis-
en auf den verrosteten Kopf einer Granate drosch - ein Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg,
der auch Neuguinea nicht verschont hatte.
Die Kirche war ein gelb getünchter Holzbau. Die Gemeinde hockte auf roh gezimmerten
Bänken, und die Kinder kauerten auf Matten. Alle waren nackt. Nur die Frauen schmückte
ein lap-lap , ein buntes Tuch um die Hüften. In der letzten Reihe saßen Frauen, die ihre
Babys stillten, und wir drei. Pater Empten, sozusagen ein ambulanter Priester, kramte
Kreuz, Kelch und Kerzen aus der mitgebrachten Messkiste. Die Gemeinde stimmte eine
Art Wechselgesang an, und die Predigt, deutlich länger als bei uns zu Hause, wurde in
Pidgin gehalten. Ich döste ein wenig, denn es war angenehm kühl und schattig in der klein-
en Kirche.
Abends waren wir beim Pater zum Essen eingeladen. Es gab fliegenden Hund. Kym
verschlang das Fleisch wie ein Heide. Auch meine Frau, die alles isst, hatte damit keine
Probleme. Nur ich brachte das »Vampirfleisch« lediglich mit vielen Chilischoten und reich-
lich Weißwein herunter. Pater Empten erzählte Anekdoten über das Pidgin, die Sprache
der Eingeborenen, die mit 2000 Vokabeln auskommt. »Vor Jahren ließ sich ein Bischof ein
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