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wie nie zuvor und danach. Das Blau des Himmels, die Farben des Hibiskus, der Duft der
Frangipani, das klare Wasser - alles stimulierte uns. Auch Astrid ließ sich vom Aufwind
unserer guten Laune beflügeln, vergaß für eine ganze Weile die stete Last, die unser am-
phibisches Leben ihr aufbürdete, die Seekrankheit.
Nachdem wir die Fidschis rauf und quer abgesegelt hatten, ging es nach Norden zu
den Tuvalu-Inseln. Ein ganzer Archipel voller Atolle mit nur 7000 Bewohnern. Sie lebten
vom Export ihrer Arbeitskräfte: Die Inselsöhne waren in Neuseeland, auf Nauru oder als
Seeleute auf deutschen Schiffen tätig.
Infolge des »Männerexports« war der Frauenüberschuss in den Dörfern unübersehbar -
und der hier und dort an mich gerichtete Tipp unüberhörbar: »Next time you come alone.«
Wir verholten uns mit Boot an den Strand einer einsamen Insel und waren allein. Schon
wieder? Ja, davon konnten wir zunächst nicht genug kriegen. Ganz so, wie wir uns das er-
träumt hatten.
Kym verlängerte abends sein Gebet: »Lieber Gott, ich danke dir, dass es die Palme gibt.«
In der Tat war sie immer gegenwärtig. Unser großer Freund und Spender: Wir verdankten
ihr Schatten, Kokosmilch und -fleisch, Spielzeug und Flechtmatten.
Bald darauf waren wir nahe am Äquator. Heiß und windstill war es auf Betio, einer
der Gilbert-Inseln. Kym fragte: »Hat es der liebe Gott nicht zu heiß bei der Sonne?« In
der Bucht strich nicht mal ein Hauch übers Deck. Und in der Kajüte war es nur bis zum
Frühstück auszuhalten. Eine Gruppe Deutscher mit ihren Familien, Ausbilder der Insel-
Seemannsschule, erlöste uns unverhofft aus unserem Brutstall. Im kühlen Häuschen von
Christa und Peter feierten wir Kyms Geburtstag mit Selbstgebackenem und vier Kerzen.
Es war wunderschön. Ein leichter Wind zog um das blättergedeckte Haus, in der Lagune
schwebten Segelkanus, Kinder spielten mit unserem Blondschopf am Ufer, und gelegent-
lich knatterte der Auspuff eines Mopeds im Dorf.
Wir blieben noch einen Tag und noch einen. Am Ende war es ein ganzer Monat. Der
Abschied fiel schwer. Kym war das heulende Elend. Die Kinder winkten. Er tutete. Wir se-
gelten ganz langsam davon.
Als wir nach zwei anstrengenden und nassen Amwindkurs-Tagen in dem pal-
mengesäumten Atoll von Likiep landeten, bedeutete das für uns dasselbe wie für einen
Asylsuchenden ein Bett: Ruhe und Geborgenheit. Der Anker fiel in spiegelglattes Wasser
ohne Dünung, nicht die kleinste Welle zeigte sich auf der Oberfläche. Eingeborene, die her-
beieilten, befestigten unsere Heckleine an einem Brotfruchtbaum und legten uns Blumen-
ketten um den Hals. Zwei, drei, vier … viele. Frangipaniblüten, auf eine Schnur gezogen.
Wundervoll der Duft. Er vertrieb Erschöpfung und Müdigkeit von den Nachtwachen. Wir
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