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zu teilen da war. Ich war dort, wo »primitive« Gastlichkeit in Nomadenzelten überdauert
hat, willkommen.
Das war eine mir völlig unbekannte Situation. Doch in Wirklichkeit war alles, was ich
erlebte, mir völlig unbekannt. Durch die Wüste reisen hieß, sich den Menschen zu stel-
len. Und dem Staub. Ich bat um Wasser, ich bat um einen Platz für die Nacht. Doch das
Lebenswichtigste war: Die Wüstenbewohner haben mir immer den richtigen Weg gew-
iesen.
Weiter? Weiter nach Süden ging es nicht. Auch nicht nach Ghat, meinem ursprünglichen
Ziel. Ich glaubte nicht an ein Durchkommen. Nicht mit meinem Rad. Nicht mit meiner
verbliebenen Kraft und Lust. Das war mir bei der Ankunft in Ghadames klar. Ab hier sollte
die Wüste gen Süden noch sandiger, öd und leer werden. Unmöglich per Rad. Keine Piste,
keine Spuren, keine Zeichen. Die Michelinkarte entpuppte sich mehr und mehr als veral-
tet. Als ich die Einzelteile in Ghadames vorzeigte, schien es mir, dass die meisten Berber,
Tuareg oder einfach Araber nie zuvor eine Karte dieser Art gesehen hatten. Als Reaktion
hörte ich, dass ich niemals in Ghat ankommen werde. Die Brunnen würde ich entweder
nicht finden, oder sie seien zugeweht, ausgetrocknet, schlichtweg nicht mehr vorhanden.
Ich würde mich hundertprozentig verfahren. Das war es letztendlich, was mich vom Weit-
erfahren abhielt: die Angst vorm Verirren.
Zurück zur Küste, empfahl man mir. Und die Polizei in Ghadames schärfte mir ein,
meine Papiere in Tripolis, der Hauptstadt Libyens, unbedingt in Ordnung bringen zu lassen.
Die liegt weit entfernt an der Mittelmeerküste. Mir wurde wieder klar, dass ich ohne gülti-
gen Einreisestempel wochenlang in Libyen war. Das hätte einem an der innerdeutschen
Grenze nicht passieren können.
Die Konsequenz war: schnell raus aus der Wüste. Die Misere, in die ich mich hinein-
manövriert hatte, musste ein Ende haben. Beim Gang durch die Stadt erfuhr ich, dass eng-
lische Ölsucher mit einem Lastwagen auf dem Weg zur Küste waren. Das wäre doch eine
gute Mitfahrgelegenheit für mich. Unter einer Zeltplane an der windabgewandten Seite
einer bröckligen Lehmmauer trank ich zunächst schwarzen, süßen Tee. An einem knieho-
hen Tischchen spielten ein paar Männer Karten und tranken ebenfalls Tee. Die schatten-
spendende Plane flatterte im Wind.
Ich steckte wahrlich in der Bredouille. Sollte ich auf einem Lastwagen mitfahren? Das
wäre der erste Lift auf meiner Reise nach Indien gewesen. Klar, mein Bedarf an Ent-
behrungen war gedeckt. Und anders würde ich aus der Wüste wohl nicht herauskommen.
Also gab ich mir einen Ruck. Die Stadt Tripolis war mir lieber als erneut sengende Glut,
endlose Sand- und Schotterstrecken und geplatzte Lippen. Was ich in zwei Wochen an
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