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Hilfe eines Schraubenziehers den Mantel abnehmen, Spucke sammeln, um damit im Sch-
lauch das Loch zu finden, Kleber aufstreichen und Flicken aufsetzen, warten - möglichst
im Schatten eines Felsens. Anschließend wieder Schlauch und Mantel aufziehen und das
Laufrad in den Rahmen einsetzen. Fertig. Im doppelten Sinne. Eine Reparatur am Vorder-
rad dauerte eine Stunde, ein Hinterradreifen zwei. Es ging nicht so schnell wie zu Hause.
Aber da hatte ich auch Schlauchreifen, einmal kurz mit den Augen gezwinkert, und der
Reifen saß auf der Felge. Ich war trotz allem zufrieden, mich in Italien mit ausreichend
Flickzeug, Schläuchen und neuen guten Mänteln eingedeckt zu haben. Speichenreißen?
Gleich null. Warum nicht? Leichtes Gepäck und Unterlegscheiben aus Kupfer (am Kopf
der Speichen), die die Spannung abfederten.
Schließlich erreichte ich Ghadames, 500 Kilometer von der Küste entfernt. Eine kleine
verwinkelte alte Stadt, im Hintergrund von Sand und Bergen umgeben. Hütten, Lehm-
bauten, Straßen und Wege gingen lehmfarben ineinander über. Die Straßen waren eher
Gassen, halbwegs überbaut und im Schutz von Felsvorsprüngen. Weiß getünchte Häuser
und Bauten waren durch Torbögen miteinander verbunden. Sie und ein grüner Gürtel um
die Oasenstadt boten den ersehnten Schatten. Ich landete, wie bei den Arabern üblich, in
einer Teestube. Es war laut: Radiomusik, das Klick-Klack von Dominosteinen, Gespräche.
Wieder wurde mein Rad bewundert und ich neugierig befragt. Auch hier in tiefster Wüste
herrschte große Freude über mein Italienisch. Eine Frage stellte man hier sehr deutlich:
»Dove?« (Wohin?) - »Ghat!« - »Ghat?« Die Männer fassten sich an den Turban und ser-
vierten erst mal Tee.
Es wurde Abend. Ich landete in einem Haus am Rande der Stadt, wo die sandige Wüste
heran- und herabtreibt, sich zu Wällen aufschüttet, zerrieselt und zerrinnt. Hier und da
schmiegte sich Gesträuch an die Mauern. Die Hautfarbe der Familie schien mir dunk-
ler als im Norden Libyens. Fast negride. Schöne Teppiche lagen auf dem blanken Lehm-
boden. In einem fensterlosen Raum wurde mir eine Schlafstatt aus Lehmziegeln, kniehoch
aufgemauert, zugewiesen. Erstmals seit Tunesien breitete ich meinen Schlafsack wieder
auf einer Art Bett aus. Keine Frage: Ich schlief überall gut. In jeder Stellung, weil mein
Körper nach Ruhe lechzte. Aber das war nicht das Eigentliche: Ich registrierte im Schlaf
immer sofort, was um mich herum geschah. Wenn ein Hund sich anschlich, ein Kamel sich
erhob, die Ziegen meckerten. Vor Schlangen brauchte man keine Angst zu haben, hieß es.
Die kämen nicht ins Haus.
Arabische Gastfreundlichkeit ist berühmt. Schon in Tunesien brauchte ich mich um
Essen nicht zu kümmern. Stoppte ich in einem Dorf, war ich im Nu von Menschen
umgeben und wurde wenig später mit Tee und Essen versorgt. Und in der tiefen Libyschen
Wüste war es nicht anders. Stets wurde mir ein Obdach angeboten. Es wurde geteilt, was
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