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In der Windkammer Asiens
Achill Moser
Graugelbe Sandhosen stürmten in wilder Flucht die Dünen
hinauf und machtlos auf der Leeseite wieder hinunter. Ich
lag in meine Pelze gehüllt, den Baschlik über dem Kopf,
unter freiem Himmel und war am Morgen im Sand buch-
stäblich begraben. Es war der schwerste Sturm, den wir auf
dieser Reise hatten, einer der »Kara-burane«, der schwarzen
Orkane, die den Tag in Nacht verwandeln.
Sven Hedin, Durch Asiens Wüsten
Es war wie das Auftauchen eines Phantoms. Riesige Staubfahnen tanzten, flatternden
Fahnen gleich, gespenstisch über den Boden, trieben in wirbelnden Drehungen über die
wellige Weite und drifteten näher. Ein raunender Wind drang an mein Ohr, und ich schaute
besorgt zum Himmel. Düstere Windwolken zogen auf, verdichteten sich auf breiter Front.
Kräftige Böen ließen die Dünenketten so stark »rauchen«, dass die messerscharfen Kämme
und Kanten kaum noch zu erkennen waren. Ein diffuses Licht ebnete alles ein, und ich sah,
was da auf mich zukam: eine Wand aus Staub und Sand, vielleicht 100 Meter hoch, die mit
unglaublicher Geschwindigkeit heranbrauste. Unmöglich, in dem aufziehenden Sandsturm
weiter Kurs zu halten.
Ich lies meine Kamele niedersitzen, die sich mit dem Hinterteil zum Wind hin ausstreck-
ten. Im Nu verwandelte sich die Wüste zum Spukbild. Meine Augen suchten nach dem Hori-
zont, der aber nur noch im Osten zu sehen war. Ein Blick in andere Himmelsrichtungen war
nicht mehr möglich. Dort hatten sich bereits breite Staub- und Sandbänder zu einer pulveri-
gen Substanz verdichtet und einen graubraunen Vorhang gebildet, der alle Konturen aufsog.
Die Landschaft löste sich auf, verschwamm völlig. Selbst der Boden unter meinen Füßen
schien abzuheben, und ich konnte nur noch erahnen, wo ich meine Schritte hätte hinsetzen
können.
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