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zu sprechen. Er will uns vernichten. Die Schläge ans Schiff sind härter und lauter, als ich
es je erlebt habe.
Das Wundersame: KATHENA NUI passierte nichts. Ich staunte und bewunderte mein Schiff.
Es arbeitete und kämpfte mit den Elementen. Eine Breitseite ließ uns bis über die Fenster
wegtauchen. Der gesamte Aufbau wurde beim Aufrichten überspült. Ich dachte sofort an
meine Fenster ringsum: 46 mal 14 Zentimeter sind in dieser Situation groß, 12 Millimeter
dickes Acrylglas dünn. Stellte jedoch fest, dass die brechende See nie die Glasfläche im
rechten Winkel traf. Das Schandeck wirkte als Wellenbrecher.
An Segelsetzen dachte ich nicht, aber an einen anderen Segler, der dieses Meer allerd-
ings vor dem Wind durchsegelt hatte: Bernard Moitessier. Er schrieb: »Gott behüte mich
davor, es zu wagen, hier gegen den Wind zu segeln.« Sein Schiff, ein Stahlbau von zwölf
Meter Länge, wurde viele Male auf die Seite gelegt.
Erstarrt und ermattet blieb ich an diesem 113. Tag erst mal in der Kajüte. Ich kniff
die Augen zusammen und horchte. Der Wind jaulte und stöhnte unverändert. Das Atmen
machte mir Mühe.
Die Wassermassen schlagen weiter auf und gegen meine »Aluminiumbüchse«. Doch die
Außenhaut ist 6 Millimeter dickes Blech und auf Rahmenspanten geschweißt. Trotz allen
Vertrauens, Sturm macht mir immer Angst. Aber die hat nichts mit Sterben zu tun. Es ist die
Furcht um den Mast, um die Segel, um eine brechende Pinne. Alles schiebt sich uns entge-
gen: Luft, Wasser, Lärm. Erbarmungslos. Es bricht aber nichts. Durch Spanten im Abstand
von etwa 35 Zentimetern und vier verschweißte Schotts, davon zwei wasserdicht, wird eine
schwer zu überbietende Festigkeit erreicht. Alle Luken sind aus Metall und verschraubbar.
Ich kann wirklich behaupten: Mein Schiff ist dicht wie eine Tupperdose.
Das Lob der Vorzüge von KATHENA NUI im Logbuch scheint zu diesem Zeitpunkt eine
wichtige Ermutigung gewesen zu sein. Einige Wellenberge hatten die Wucht eines mittler-
en Wasserfalls. Sie überspülten das Achterschiff völlig. Drückten das Heck unweigerlich
nach unten, sodass die nächste Welle »einsteigen« konnte. Im Cockpit gurgelte nach sol-
chen Schlägen das ablaufende Wasser lange nach.
Zurück zu den Logbucheinträgen dieses Tages:
Der Sturm weht weiter. Wütet mit mehr als 10 Beaufort. Direkt aus West. Direkt von vorn.
Erst wenn er auf Südwest dreht, wird er schwächer werden. Wann? Noch steht jede Bö
10 Minuten, 15 Minuten. Das geht mächtig aufs Gemüt.
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