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Als ich mich damals auf die Wüste einließ, war alles so herrlich fremd. Ich erlebte eine
Welt der Widersprüche, die sich mir einerseits sehr karg und abweisend zeigte, anderer-
seits aber auch bunt und belebt. Denn auch hier gab es Bäume, Büsche und Blüten sow-
ie Menschen und Tiere, die mehr oder weniger perfekt angepasst lebten und sich an die
schwierigen Lebensumstände dieser scheinbar unbewohnbaren Extremwelt gewöhnt hat-
ten. Diese Beobachtung war mir in der Wüste unglaublich hilfreich. Ich spürte, dass auch
ich mich in diese extreme Welt einfügen musste, sodass die wesentlichen Hindernisse nicht
nur in den äußeren Umständen lagen, sondern vor allem in mir selbst.
Auch begriff ich, dass es eine gewisse Zeit der Erfahrungen, Einsichten und Erkenntnisse
brauchte, um das ureigene Universum der Nomaden kennenzulernen - ein Wunsch, der für
mich zu einem einzigartigen Abenteuer wurde und die Erfüllung all meiner Träume war.
Was mir damals zudem sehr dienlich war, um den Geist und die Seele der Wüste zu
erfassen, war die Begeisterung, die ich für die Landschaften der Ödnis empfand. Hin-
gerissen von den Bühnenbildern erster Schöpfungstage, war ich tief bewegt von Sand-
meeren und Gesteinskorridoren, von Salzseen und Hochplateaus, von bizarren Vulkange-
birgen und himmelstürmenden Felswänden, von staubgefüllten Becken und ausgetrock-
neten Flussläufen. Hinzu kam das Farbenspiel des Lichts, wenn sich in der Abenddämmer-
ung der Sand der Dünenketten auf der einen Seite rötete und die langen Schatten auf der
anderen Flankenseite ganz schwarz wurden. Das waren Augenblicke, in denen ich erkan-
nte, dass Weite und Enge in der Absolutheit eins sind.
Darüber hinaus erlebte ich jede Wüste als ein »Land der Ursprünge«, das vor allem an-
deren entstanden ist. Schon zu Beginn unserer Erdgeschichte beherrschten die Urwüsten
alle kontinentalen Landmassen, nachdem die glutflüssigen Magmaströme erstarrt waren
und erste Pflanzen die Vorzeitozeane verließen. Ihnen folgten vielfältigste Tiere, die als er-
ste Landbewohner die Areale der Trockenheit eroberten. Auch heute noch sind 30 Prozent
aller Kontinente von Einöden bedeckt, die sich über 31 Millionen Quadratkilometer er-
strecken. Damit nicht genug: Unentwegt wachsen die Wüsten der Erde auf allen Kontinen-
ten weiter und weiter. Jährlich gehen weltweit rund 200 000 Quadratkilometer Ackerland
an die ariden Zonen verloren.
Kein Wunder also, dass die ozeangleichen Naturräume der Einöden von vielen
Menschen als unwirtlich und lebensfeindlich empfunden werden. Vor allem die Angst vor
dem Unbekannten führt dazu, dass die Wüste häufig als Todeszone bezeichnet wird, be-
sonders wenn man weiß, dass die Hitze - wie zum Beispiel in der iranischen Wüste Lut -
bis auf 70 Grad Celsius ansteigen kann. Dagegen sinkt die Temperatur in der ägyptischen
Wüste Sinai während der Wintermonate nachts weit unter null Grad, sodass sich eisige
Kälte ausbreitet, die das Trinkwasser in den Kanistern gefrieren lässt.
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