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setzt eine wunderbare Metamorphose ein: Fleisch und Flüssigkeit im Inneren der Nuss ver-
wandeln sich allmählich in eine weiße, schwammige Substanz. Das ist Uto. Wir haben es
ausschließlich roh gegessen - als Nachtisch. Der Geschmack ist seltsam modrig, wässerig.
Doch Uto allein genügte uns nicht. Die Milch in der grünen Nuss war während unser-
er jahrelangen Reise ein hervorragender Ersatz für Trinkwasser, besonders innerhalb der
Atolle, wo es kein brauchbares Trinkwasser gab.
Hatten wir zu viele tropische Früchte - Papaya, Mangos, Bananen - begoss Astrid sie
mit Kokossahne. In ihrem Tagebuch hat sie festgehalten:
Die Kokossahne ist einfach zuzubereiten. Ich halbiere eine reife Nuss, schabe das weiße
Fleisch so fein wie möglich, lege es in ein Tuch und quetsche es so sehr, bis »Sahne«
herausläuft. Dieser Saft ist auch als Coconut-Cream bekannt. Ich koche alles Mögliche
damit: Fleisch, Fisch, Brotfrucht.
Das feinste Gericht mit Coconut-Cream ist aber das polynesische Poisson cru: Man
fange einen Seefisch, schneide ihn roh in Streifen und lege diese zehn Minuten in einen
Liter Salzwasser, danach mehrere Stunden in den Saft ausgedrückter Limonen. Man gebe
ordentlich Coconut-Cream, Salz und eventuell Zwiebeln, Möhren und Tomaten bei und
mische alles. Das Ergebnis ist ein bittersüßes Gericht. Hm, köstlich!
Dieses Fischgericht war stets ein Festessen - bei dem ich leider zusehen musste.
Ohne die Kokospalme gäbe es kein Leben auf den Atollen. Ohne die Früchte an Bord
hätten die Insulaner nicht ihre großräumigen Entdeckungsfahrten unternehmen können.
Aus persönlicher Erfahrung kann ich bestätigen, dass kein Naturprodukt sich besser als
Proviant für lange Seereisen eignet. Zum Trinken: frisch gepflückte und halbreife Kokos-
nüsse. Zum Essen: die ausgereiften. Wochenlang haben wir auf See von ihnen gezehrt. Die
einzige Schwierigkeit: Man muss schon sehr geschickt sein, sie zu ernten und zu öffnen.
Wie oft wird der Mensch von fallenden Nüssen erschlagen? Wir haben nirgendwo davon
gehört. Kaum zu glauben, aber die Menschen in der Südsee haben ein Gespür dafür, wann
sich eine reife Nuss lösen könnte, und machen schnell den entscheidenden Schritt zur Seite.
Auf unserer Südseesegeltour notierte ich an einem der einsamen Ankerplätze, wo wir
über Wochen wie Robinson leben konnten:
Es ist ein Morgen, der klarer, heller, schöner nicht mehr denkbar ist. Der Himmel beinahe
wolkenlos, und der Horizont reicht bis ins Meer hinein. Ich atme in tiefen Zügen die frische
Morgenluft, halte eine Hand wie einen Schirm über die Augen, blicke der aufgehenden
Sonne entgegen und erfreue mich dieser einsamen Bucht.
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