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Die Kocherei auf einer Weltreise war ansonsten weit weniger romantisch. Alles drehte sich
um Reis, Corned Beef, Gemüse aus Dosen, Cracker. Besonders bei uns Technikverweiger-
ern, denn wir hatten wie gesagt weder Kühlung noch Backofen an Bord. Nicht weil diese
Dinge unnütz gewesen wären, sondern weil sie nicht in unser Bild vom einfachen Leben
auf einem Segelboot passten.
An Land hielten wir uns an die Kokospalme. Ohne die köstliche Kokosnuss, die in jeder
Wachstumsphase genießbar ist, wären unsere Südseereisen nur halb so schön gewesen.
Die Trinknüsse, auf die man am häufigsten trifft, müssen immer in der Krone, wo sie in
Bündeln wachsen, gepflückt werden. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Bäume wie
diese gibt es kein zweites Mal auf der Erde. Kokospalmen sind das Lebensblut der Süd-
see. Jäh ragen sie an fast allen Küsten dem ankommenden Weltumsegler entgegen - eine
willkommene Einladung.
Um das Phänomen dieses Baumes zu erspüren, genügt es nicht, ihn eine Urlaubswoche
lang gesehen oder mal eine Nuss auf dem Markt getrunken zu haben. Man muss erleben,
was Baum und Früchte hergeben, oder sollte sich wenigstens die Kokosnuss selbst pflück-
en können - was allerdings auch langjährigen Weltumseglern wie mir Schwierigkeiten
macht.
Einmal, es ist lange her, lagen wir mit KATHENA 2 in Robinson Cove, einer kleinen
geschützten Bucht auf Moorea, der Nebeninsel von Tahiti. Den schmalen Sandstrand
beschatteten bis zu 20 Meter hohe Palmen. Und sie waren voller Trinknüsse, die wir beide
so gerne mochten. Jung und frisch gepflückt, ist das Fleisch der grünen Nüsse noch za-
rt, sodass es sich mit einem Schaber lösen lässt. Und die Milch, manchmal mehr als ein
Liter, sprudelt leicht wie Champagner. Natürlich reizte es mich, wie üblich ein paar Nüsse
herunterzuholen. Der Tag war heiß, und wir waren durstig, die Palmen aber ausnahmslos
hoch. Rasch schnitt ich ein Palmenblatt in einen Streifen, knotete eine Schlaufe und sch-
lang sie um beide Füße, damit ich beim Klettern besseren Halt haben würde. Rund zehn
Nüsse purzelten auf den Sand. Genug für die restlichen Tage hier und für die Weiterfahrt.
Doch beim Absteigen passierte es: Das Band riss, und ich kam arg ins Rutschen. Zwar
konnte ich mich immer wieder kurz bremsen, zog mir aber großflächige Schürfwunden an
Brust, Beinen und Armen zu. Mühsam und schwindlig erreichte ich den Boden. Um ein-
er Infektion vorzubeugen, stürzte ich mich gleich in die Lagune. Das war unbedacht: Es
schmerzte fürchterlich, und die Schürfwunden entzündeten sich und hinterließen auf der
Brust Narben, die den Konturen der Inseln Tahiti und Moorea ähnelten.
Das Nahrhafteste neben den Trinknüssen war während unserer Jahre im Indopazifik Uto,
eine merkwürdige Masse, die wie Styropor aussieht. Uto entsteht, wenn eine ausgereifte
Kokosnuss vom Baum fällt und liegen bleibt, bis sich die ersten neuen Triebe zeigen. Dabei
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