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barten sich auch mir die ehrfurchtgebietenden Landschaften wüster Weiten. Hier begriff
ich, dass man sich immer wieder in den Hintern treten muss, um etwas für sich selbst zu
tun - und dass stetig neue Erlebnisse und Erfahrungen eine Menge Spuren in uns hinter-
lassen, die zu uns selbst führen.
Gleichwohl war es ein langer Weg, ehe ich mit Kamelen in der Wüste kostbare Erfahrungen
machen konnte. Dieser Weg führte mich als Erstes in die Bibliotheken (Internet war damals
noch Science-Fiction), wo ich mir mit großer Neugier eine Menge Wissen über das Kamel
aneignete. So erfuhr ich, dass sich die »Altweltkamele« (Camelus) in zwei Gattungen
aufteilen: Das Dromedar, das nur über einen Höcker verfügt, umgangssprachlich aber auch
als Kamel bezeichnet wird, ist vor allem im afrikanisch-arabischen Raum verbreitet. Das
Baktrische Kamel (auch Trampeltier genannt) besitzt hingegen zwei Höcker. Im Durch-
schnitt ist es größer und schwerer als sein einhöckriger Artgenosse. Auch die Färbung des
Felles ist dunkler, der Haarwuchs am Hals und an den Flanken länger. Zu seiner Heimstatt
zählen vor allem die Trockenregionen Innerasiens, wo das zweihöckrige Kamel nicht nur
als Last- und Reittier genutzt wird, sondern auch als Milch-, Fleisch- und Dunglieferant.
Letzteren verwenden die Nomaden als Brennmaterial an ihren Feuerstellen, während ihre
Kinder die Dungkügelchen zum Murmelspiel gebrauchen.
Als ich mir irgendwann genügend Wissen über diese Tiere angeeignet hatte, brach ich
nach Afrika auf, um vor Ort den Umgang mit Kamelen zu lernen. Zu diesem Zweck verbra-
chte ich viel Zeit bei den Tuareg in Algerien und Mali sowie bei den Arabern in Marokko
und Ägypten. Ich erfuhr, dass Kamele anhängliche Herdentiere sind, die nur ungern ihre
Gefährten verlassen; dass sie jeden Trick anwenden, um an ein Büschel Gras zu gelan-
gen, und auch in das dichteste Dickicht eindringen, um Futter zu finden; dass Kamele alle
möglichen Gemeinheiten anwenden, wenn sie ihren Willen durchsetzen wollen; dass die
Nasenzügel unentbehrlich sind, da die kräftigen Hälse eine Führung nur mit einem nor-
malen Halfter kaum möglich machen. Auch lernte ich mit den Stricken umzugehen, an den-
en die Kamele im Schlepptau geführt werden. Ich erfuhr, wie man den Wüstenschiffen die
Fußfesseln anlegt, damit sie sich bei der Futtersuche nicht zu weit vom Lager entfernen;
wie man einen Nasenpflock anbringt; und dass man seine Angst vor möglichen Verletzun-
gen ablegen muss, auch wenn die Zähne im Unterkiefer eines Kamels schartigen Scherben
gleichen, mit denen sie härteste Äste zermalmen können.
Zudem neigen Kamele hin und wieder zum Ausschlagen - mit den Vorderbeinen nach
vorne und mit den Hinterbeinen rückwärts oder seitlich. Mit gezielten Tritten können
sie einem Menschen ohne weiteres einen Knochen brechen. Solche Attacken sind nur zu
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