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mir wichtige Werte geschaffen und war glücklich. Hätte ich KATHENA übernommen und
nichts investiert, nichts verändert, keine Vorbereitungen für Nachtsegelei, Nebelfahrt,
Sturm getroffen, nicht das Hantieren mit einem Sextanten geübt, wäre sie nie meine
Bootsliebe geworden. Zudem war sie aus Holz gebaut, da fällt einem das Einfühlen
leichter. Warum Holz? Zufall.
Bei meinen folgenden Schiffen lief die Einvernahme ähnlich ab. In der Wiederholung
verloren die Geheimnisse des Sich-Aneignens an Reiz. Es ging mir nun auch nicht mehr
darum, unbedingt ein völlig anderes, praktischeres, schöneres Schiff zu haben. Ein neues
Gebrauchtschiff? Wenn es die gleichen Qualitäten wie das alte hatte, war ich zufrieden.
Ohne erwähnenswerte Ansprüche.
Vieles ergab sich einfach so. Oft unbeabsichtigt. Egal ob Holz, Metall oder glasfaserver-
stärkter Kunststoff. Linien, Kiel, Rigg, Koje und Selbststeuerung bildeten die Prioritäten.
Nicht zu vergessen die Cockpitbänke, auf denen man auch liegen kann. Und letztlich der
Bootsname: Ich blieb bei KATHENA und fügte neue Adjektive hinzu. Früher noch in Schat-
tenschrift, mühevoll mit Farbe und Pinsel aufgetragen, später mit Klebebuchstaben. Der
Bootsname bedeutet mir viel. KATHENA 2, KATHENA FAA , KATHENA NUI und so weiter.
Damit hatte ich immer sofort eine Verbindung hergestellt. »Du trägst mich, und ich passe
auf dich auf.«
Eine ergänzende Anmerkung: Die Namensgebung ist wohl mit das Wichtigste, um sein-
en Begleiter ins Herz zu schließen. Bei einem Gebrauchtboot sollte man nicht den Namen
aus Bequemlichkeit übernehmen, sondern dem Boot einen neuen Namen geben, das schafft
ein starkes Verhältnis. (Beim Kauf der ersten KATHENA wusste ich das noch nicht.) Ein ei-
gener Name schafft eine Zuflucht, in der ich mich geschützt fühle. Mein Zuhause in der
Fremde oder eine Heimat, in der ich mir sicher sein kann.
Einfühlen muss man sich trotzdem. Das kann aber nur geschehen, wenn der erste Blick
aufs Boot »zündet«. Ich und später Astrid bevorzugen sportliche Linien - ab und an mit
kleinen Abweichungen. Wir wählten nicht kleine Boote, weil wir sie besonders lieben, son-
dern weil finanziell nicht mehr möglich war.
Wirklich von Wert ist eine Einvernahme erst, wenn mein Schiff mal sturmdurchtränkt
gesegelt oder koppheister durch die See geschossen ist und heil herauskam. Zufrieden? Lo-
gisch. Zugegeben: zunächst mal nicht, aber später. Erst kommt: Wie sind die Bewegungen?
Ist es dicht von oben? Von unten? Ist die Ausrüstung sicher verstaut? All das hinterlässt
einen starken Eindruck. Ist es eine undichte Hülle ohne Haltegriffe und schlecht platzierten
Kocher, dann lebe ich in Sorge um Bruch. In stürmischem Wetter ist es mit der Liebe zum
Boot nicht weit her. Da nutzt der ganze Firlefanz mit Namensgebung, Fotos und Weltkarte
wenig. Erst wenn es an Deck hart und nass zugeht, zeigt sich, was anders werden muss,
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