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In der Morgendämmerung schälte ich mich mit ungelenken Gliedern aus dem Schlaf-
sack. Auf die Flammen meines kleinen Gaskochers setzte ich einen Topf mit Schnee. Ich
bereitete mir heißes Wasser zu, rührte ein Suppenpulver hinein, worauf sich im Zelt der
Geruch von würziger Kraftbrühe verbreitete. Hungrig schlürfte ich die Suppe, aß etwas
Brot und Speck dazu.
Nach dem Frühstück stieg ich über eisige Schatten bergan und gewann rasch an Höhe,
ehe ich im klaren Morgenlicht mit Steigeisen und Stahlpickel über die bläuliche Eiswüste
des Gletschers stapfte, der bei 4900 Metern begann. Auf einer verharschten Schneeschüssel
brachen meine Füße immer wieder durch die Firnkruste. Quellwolken umhüllten mich,
während ich Meter für Meter an Höhe gewann.
Als ich den Gipfel erreichte, jagten heftige Böen über den Grat und zerrten an meiner
Kleidung. Die Luft war spürbar dünner. In der Eiseskälte gefror mein Bart. Müde setzte ich
mich auf einen Felsen und schaute ringsum, als für Augenblicke das graue Gewölk aus-
einanderriss. Der unbegrenzte Blick verlor sich in einer atemberaubenden Weite. Eine Welt
vielfältigster Farben, ohne Menschen, Autos und Lärm. Nur Natur.
Beim Abstieg vom Gipfel des Ararat zog sich ein schwefelgelber Wolkenkranz um das
Massiv zusammen. Ein Unwetter drohte und trieb mich zu keuchendem Vorwärtshasten an.
Doch erst am späten Nachmittag, als ich bis auf 2000 Meter hinabgekraxelt war und mich
in sicheren Gefilden befand, entlud sich das Gewitter. Danach zog sich eine grauweiße Ne-
belwand über mir zusammen. Ich war heilfroh, den Weidegründen der Nomaden näher zu
sein als dem Gipfel.
Zwei Tage später packte auch mich das Arche-Noah-Fieber, und zusammen mit meiner
Frau Rita, die mich am Fuße des Ararat erwartet hatte, brach ich im Geländewagen zu
einem Tal auf, das einige Kilometer weiter zu den Ausläufern des Ararat-Massivs zählt.
Dort ragte eine schiffsähnliche Erdformation aus dem Boden. Ein 164 Meter langes und
42 Meter breites Gebilde, das der amerikanische Astronaut James Irwin während seines
Mondflugs mit Apollo 15 entdeckt hatte und später aufsuchte, um zahlreiche Untersuchun-
gen durchzuführen. Für ihn stand anschließend fest, dass dies der Ort sein musste, wo die
Arche Noah strandete.
An den Wänden des riesigen Steingebildes, das die Form eines Schiffsrumpfes hatte,
fand Irwin einige Holzreste, die über 6000 Jahre alt sein sollen. Doch eindeutige Beweise
wurden nicht gefunden, sodass das Wrack der Arche Noah und der Ankerplatz des biblis-
chen Kahns auch in Zukunft ebenso Menschheitstraum und Herausforderung für die Wis-
senschaft sein werden.
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