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Seitlich, mit dem rechten Fuß das eigene Körpergewicht abstützend, stiegen wir Schritt
für Schritt abwärts, arbeiteten uns Meter für Meter an klaffenden Felsspalten vorbei, als ich
weit hinter uns erneut den Lichtstrahl einer Taschenlampe sah.
»Die geben nicht auf«, meinte Ahmed, als wir den Boden der Schlucht erreicht hatten
und einen weiteren Felshang erklommen. Er führte uns zu einem steinübersäten Plateau,
auf dem die Felswände mit dichtem Gestrüpp bedeckt waren.
»Hinter einem der großen Büsche liegt der Zugang zur Höhle«, sagte Kemil mit gedäm-
pfter Stimme. Wenig später zwängten wir uns lautlos durch das dichte Astwerk und kamen
zu einem engen Schlund, der sich zwischen zwei mächtigen Felsplatten öffnete. Die Arme
weit vorgestreckt, tasteten wir uns durch den schmalen Höhleneingang, der nicht viel mehr
als ein Spalt war, in das feucht-kalte Innere. Kemil fingerte eine Streichholzschachtel aus
seiner Jackentasche und entzündete eines der kleinen Hölzchen. Im schwachen Licht der
winzigen Flamme erkannte ich, dass die Höhle recht hoch und ziemlich groß war. Als
die kleine Flamme erlosch, kramte ich meine Taschenlampe aus dem Rucksack. In ihrem
Lichtstrahl konnten wir uns genauer umschauen. Spalten und Risse klafften in der Höhlen-
decke, die eine fast gleichmäßige Wölbung aufwies. Wasser tropfte an einigen Stellen von
den Seitenwänden, die mehrere Meter hoch waren. Auf der linken Seite hatte die Höhle
eine Ausbuchtung, in der ein großer Stapel Brennholz aufgeschichtet lag. Rasch richtete
Ahmed mit ein paar Steinen eine Feuerstelle her. Kurz darauf flackerten die ersten Flam-
men auf, zauberten Licht- und Schattenreflexe an die spröden Felswände.
»Bei Sturm und Gewitter habe ich hier schon viele Tage verbracht«, meinte Kemil hal-
blaut. Ich erfuhr, dass die Höhle gelegentlich von Nomaden, Schäfern und auch Partisanen
benutzt wurde.
Dann blickte ich mich weiter um. Nach rechts führte ein niedriger Gang, eine Art
Stollen, der mit Versturzblöcken versperrt war. Weiter hinten, wo der Lichtschein meiner
Taschenlampe nur noch schwach hinreichte, versperrte eine mächtige Felsplatte, die aus
der Decke heruntergestürzt war, den Weg. Von dort drang das Gurgeln von Wasser an
meine Ohren. Vielleicht ein unterirdischer Flusslauf. Zudem war da noch ein seltsames
Geräusch, das mal ganz nahe war und sich dann wieder entfernte. Ein geisterhaftes
Huschen, das im Schein des Feuers einen riesigen Schatten an die Felswände warf - und
schon im nächsten Augenblick wieder aus dem Licht entschwunden war.
»Fledermäuse!«, sagte Ahmed und deutete auf einige versteckte Höhlenwinkel. Mit
einem kleinen brennenden Ast, der mir als Fackel diente, ging ich etwas tiefer in das
Gewölbe hinein. Und da sah ich sie: dunkelbraune Wesen mit großen Ohren und häutigen
Flügeln, die mit ihrem Daumen an der Felsdecke hingen. Nur für Sekunden konnte ich die
seltsamen Flugtiere im Schein der Fackel sehen, ehe sie flatternd in der Dunkelheit unter-
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