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Auf der Liste meiner Sehnsuchtsorte zählen besonders zwei Stätten zu den absoluten
Höhepunkten, die alle meine Erwartungen und Wünsche bei weitem übertroffen haben.
Zwei Orte im Wüstenland. Zum einen das im Norden Libyens liegende Leptis Magna, das
Rom Afrikas, wo Mittelmeer und Sahara aufeinandertreffen. Und Petra, das in Wüste und
Vergessenheit versunkene orientalische Atlantis, das Jordanien zu großem Ruhm verholfen
hat.
Nach Petra, zu der geheimnisvollen Hauptstadt der Nabatäer, kam ich auf dem Rücken
eines Kamels, mit dem ich durch eine schmale Schlucht im Ash-Shara-Gebirge ritt, die Sik
genannt wird. Kein Auto darf durch diese Schlucht, deren überhängende Felswände respek-
teinflößend wirkten und nur wenige Meter breit waren. Gleich hinter dem schmalen Durch-
lass sah ich jenen berühmt gewordenen Säulentempel, der einst in eine hohe Felswand ge-
meißelt wurde und als »Schatzhaus« bezeichnet wird. Ein einzigartiges Bauwerk nabatäis-
cher Steinmetzen: Vor fast 2000 Jahren haben sie das Prunkgrab des Königs Aretas IV.,
unter dessen Herrschaft das Nabatäer-Reich eine Zeit hoher Blüte erlebte, aus dem roten
Sandstein gehauen. Der Name rührt daher, dass Beduinen hier einen sagenumwobenen
Schatz vermuteten, der in einer Urne am Giebel des Prachtbaus versteckt sein sollte. Doch
gefunden haben sie nichts.
Als ich durch den schmalen Felszugang in die uralte Ruinenstadt kam, war das eindrucks-
volle Felsmausoleum nicht nur dekorativer Auftakt zu einer Entdeckungstour in die Vergan-
genheit, es war auch der Anstoß, um mich in jene Zeit zurückzuversetzen, als der Schweizer
Forscher Johann Ludwig Burckhardt im Sommer 1812 als erster Europäer in das verborgene
Königreich der Nabatäer kam.
Burckhardt war damals zwischen Damaskus und Kairo auf der »Straße der Könige« unter-
wegs, als er von alten Ruinen hörte, die in einer unzugänglichen Bergfestung liegen sollten,
unweit der Grabstätte von Moses' Bruder Aaron, der einst am Berg Sinai das Goldene Kalb
goss. Dieser dürftige Ortshinweis reichte aus, um den neugierig gewordenen Schweizer in
den wüstenhaften Westen Jordaniens zu führen, wo sich der Dschebel Harun befindet, nach
Meinung von Forschern der Berg Hor, wo laut der Bibel Aaron starb.
Auf seinem Weg dorthin gab sich Burckhardt als Scheik Ibrahim aus, der nach langen
Studien zum Islam übergetreten war. Er behauptete, an der Kultstätte Aarons opfern zu
wollen, und gelangte schließlich zu jenem versteckten Schluchteingang, hinter dem sich
ein großer Talkessel aus roten Felsen in 950 Meter Höhe weitete. Hier fand Burckhardt die
Ruinen der verschollenen Stadt Petra, die über 600 Jahre im Verborgenen gehalten wurde.
Noch heute gilt Petra als verwunschene rosarote Zauberstadt, die kunstvoll aus den
weichen Sandsteinfelsen der Ash-Shara-Berge herausgearbeitet wurde. Über zwei
Jahrtausende haben sich hier die Überreste von Tempeln, Palästen, Wohnungen, Gasträumen
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