Travel Reference
In-Depth Information
sprang ins Wasser und schwamm rüber. Eine Handvoll Männer mit Gewehren erwartete
mich.
Der Fischdampfer war unbeschreiblich dreckig. Ich hatte Angst, barfuß an Deck kleben
zu bleiben. Ein Kerl zog mich am Ohr zum Ruderhaus. KATHENA FAA wurde in Schlepp
genommen. Zwei Männer, ebenfalls bewaffnet, stiegen zu Astrid an Bord, und es ging
Volldampf voraus. Der Schiffsname an Bug und Heck war mit Tuchplanen verhängt. Nur
Manila als Heimathafen war erkennbar.
Nach einer Stunde Schleppfahrt passierte etwas. Der Kapitän stürzte aufs Deckhaus und
schaute durchs Fernglas. Das Glas wanderte von Hand zu Hand. Hastige Worte flogen
durch die Luft. Ich hörte was von Polizei. Dann ging alles sehr schnell. Astrids Bewach-
er wurden zurückgerufen, man kappte die Leine zur KATHENA FAA , und ich musste wieder
ins Wasser springen, um mein Boot zu erreichen. Das Piratenboot dampfte mit voller Kraft
davon. Wir auch, in entgegengesetzter Richtung. Benommen hockten wir an Deck. War
wirklich alles vorüber?
Es folgte ein wunderschöner Tag mit leichtem Wind und wolkenlosem Himmel. Wir
ankerten gegenüber einem Dorf auf der Insel Tigabu. Die Bewohner schenkten uns Früchte
und Hühnereier. Doch wir hatten Schwierigkeiten, uns zu entspannen. Wir scharrten mit
den Füßen im Sand, ließen unser Boot nicht aus den Augen. Die Unbefangenheit war dahin.
Wir schilderten unser Malheur einem Funker der Sabah-Polizei auf der Insel, der die Bewe-
gungen der Piraten in der Sulusee beobachtete. Nach seiner Meinung waren es Filipinos
gewesen.
Lustlos hangelten wir uns die Westküste von Borneo hinunter. Die große Begeisterung
war erst mal futsch, denn inzwischen wussten wir, dass es auf unserem Kurs rund um
Singapur, Thailand, in der Andamanensee und im Roten Meer auch Piraterie gab.
Die Stimmung an Bord blieb angespannt. Nein: Unsere Reise war nicht, wie erhofft, eine
einzige Spazierfahrt durchs Paradies. Öfter als sonst schrieb ich Privates ins Tagebuch:
Astrids Zustand ist erbärmlich. Seekrankheit plus mangelndes Selbstvertrauen. Plus innere
Unruhe. Ich bin sicher, aber auch beschämt, dass ich ihr mit dieser Fahrt das Segelleben
endgültig verleidet habe.
Mit Bleistift, um es radieren zu können, fügte ich hinzu:
Ich vermute, in einem Haus renkt sich alles wieder ein. Ein zerbrochenes Wir wird es nicht
geben.
Search WWH ::




Custom Search