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Nach einem Tag mit starkem Sturm und einem weiteren mit Orkan war die See weiß,
und die Luft war weiß von Gischt. Ich atmete Salz.
Astrid meldete sich: »Alles in Ordnung?«
Mich interessierte nur der Druck: »Steht fest.«
Der 25. Tag: Ich lasse mich und das Schiff treiben. Vom Gefühl her war es das. Es ist zwar
noch kein Segeln möglich, aber das Schlimmste ist vorbei. Ich steige unter Deck. Müde.
»Kym hat die ganze Nacht geschlafen«, hörte ich.
»Und du?«
Eine Antwort erwartete ich nicht. Wichtiger war: Das Barometer stieg. Das bedeutete,
noch einen halben Tag, und die Front wäre durch. Zittrig klopfte ich noch mal aufs Glas:
steigend. Das waren 22 Millibar unter Normaldruck.
Zwei Tage später hörten wir im Radio die Stimme Amerikas : »Taifun Kim raste mit
180 Stundenkilometern über Manila. Es war der bisher schwerste Taifun der Saison.« Iron-
ischerweise hieß der Taifun auch noch Kim!
31 Tage lagen hinter uns, als wir vor Davao auf Mindanao ankerten. Kym war nicht zu
halten, er stand an der Reling wie ein Boxer, der bereit für den Kampf ist. Kaum an Land,
drehte er schnell ein paar Runden: Die Muskeln wollten bewegt werden.
Nach ein paar Tagen Atempause warfen wir die Leinen los. Vor uns lagen die Sulu-In-
seln. Da mussten wir durch. Indes: Dort kämpften die Muslim-Rebellen gegen die Trup-
pen der Philippinen - Koran gegen Kreuz. Wegen der Gefahr segelten wir nachts in einem
Gewässer, das gespickt ist mit Riffen und anderen Untiefen. Als wir durch waren, glaub-
ten wir, es geschafft zu haben. Doch nördlich von Borneo folgte uns im Abstand von einer
knappen Meile ein großes Fischerboot und kam kontinuierlich näher. Plötzlich klatschten
dicht neben KATHENA FAA Kugeln ins Wasser. Es wurde auf uns geschossen! Wir konnten
es nicht glauben, schließlich hatten die »Fischer« doch ein Netz im Schlepp. Wieder folgten
Einschläge im Wasser. Ich zögerte keine Sekunde, startete die Maschine, und mit voller
Leistung - Segel plus Schraube brachten immerhin siebeneinhalb Knoten - rauschten wir
davon.
Nicht lange, da legten auch sie zu und holten auf. Es waren unzweifelhaft Piraten. Salven
pfiffen uns um die Ohren. Wir resignierten. Bargen alle Segel und stoppten den Diesel.
Ein Streifschuss erwischte mich am Bein, ein anderer prallte vom Anker ab. Astrid stürzte
mit einem weißen Bettlaken an Deck. Der fünfjährige Kym weinte. Er spürte, dass dies
kein Spaß war. Die Piraten kamen näher. Wir zeigten uns alle drei an Deck. Eine harmlose
Familie, keine Schmuggler. Ich sollte zu ihnen an Bord kommen, wurde uns bedeutet. Ich
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