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grotesk verzerrt. Immerhin - kein schlechter Abgang. Wir tranken den Rum leer. Ich been-
dete den Abend in meiner gewohnten Trinker-Position: Mit dem Gesicht nach unten und
halb bewusstlos im Klo. Ich merkte mir, keinen Rum mehr zu trinken, bis ich wieder auf
Meereshöhe war.
Das Amazonas-Gebiet
Die Cofans sind ein kleiner Stamm im Oriente, Ecuadors Teil des Amazonas-Gebietes. Wir
hatten gehört, dass ihr Dorf Dureno Touristen für ein paar Tage aufnahm, aber bislang war-
en nur wenige Touristen dort gewesen. Cecil, ein junger schwarzer Mann aus Guayaquil,
der in der Pension Patty wohnte (um, wie er erklärte, etwas von seinem eigenen Land zu
sehen, nachdem er gerade erst die Armee verlassen hatte), riet uns, vorsichtig zu sein.
„Der Oriente, meine Freunde, ist voller Ladrones - Diebe und Mörder. Man ist dort nicht
sicher.“ Ich entgegnete, dass Guayaquil auch nicht gerade sicher sei, wie wir gehört hätten.
Cecil wirkte beleidigt. „Nein Guayaquil ist ein guter Ort. Aber auf dem Land muss man
vorsichtig sein. Deshalb habe ich immer das hier dabei …“ Er griff in seine Jacke und zog
ein Messer mit einer 50 cm langen Klinger hervor. Er hielt sie uns unter die Nasen. Melissa,
die kein Wort verstanden hatte, wurde weiß. Was nützte ein Taschenmesser gegen das hier ?
„Vor allem im Oriente“, fuhr Cecil fort, als er das Messer weglegte, „diese Indios . Sie sind
Menschenfresser, wisst ihr.“ „Ich glaube, heutzutage tun sie das nicht mehr“, sagte ich. „
Amigos , ihr müsst verstehen. Diese Indios sind keine Christen wie wir. Sie sind immer noch
primitiv. Steinzeitmenschen.“ Ich fragte ihn, ob er schon einmal im Oriente gewesen sei.
War er nicht. Mit Herbert, einem jungen Italiener, den Mark in einer Bar kennen gelernt
hatte, fuhren wir nach Lago Agrio. Ich fand, dass Herbert ein merkwürdiger Name für ein-
en Italiener war. Er war hochgewachsen, schlank und ruhig, mit langen, welligen, blonden
Haaren und einem ständig besorgten Gesichtsausdruck. In seiner Heimat war er Schäfer in
Tirol.
„Er kann kein Schäfer sein“, sagte Melissa. „Er hat keinen von diesen knotigen Stöcken.“
„Also denkst du, dass alle Schäfer alte Männer sind, no?“, fragte Herbert. Eigentlich ja.
„Ah, es ist eigentlich ein sehr schönerr Beruf. Im Somerr hüte ich die Schafe von meiner
Familie. Mein Vaterr hat eine Blockhütte überr unserrem Dorf. Es ist wunderrschön. Es
kommen auch viele Wandererr und Tourristen vorbei. Nächstes Jahrr hoffe ich, dorrt ein
Teehaus zu erröffnen. Im Winter gehe ich auf RReisen.“ Der Bus war voll von den üblichen
melancholischen, mondgesichtigen Bauern. Nach zwanzig Minuten hielten wir an einem
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