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„Hat sich also mit der Unabhängigkeit alles geändert?“, fragte Melissa. „Nein“, sagte
ich. „Die Unabhängigkeit hat in Lateinamerika kaumetwas verändert, weil sie nicht die
grundlegende Struktur der kolonialen Gesellschaft verändert hat. Es war keine echte Re-
volution. Das einzige,was sich änderte, war, dass die Latino-Eliten keine Steuern mehr
an Spanien zahlen mussten. Spanien war sowieso nicht mehr als ein Mittelsmann für den
Transfer des Wohlstandes von den lateinamerikanischenMinen und den Encomiendas zu
den nordeuropäischen Bankern, die tatsächlich die Eroberung finanziert hatten. Als Spani-
en aus dem Rennen war, dominierte im neunzehnten Jahrhundert Großbritannien den Han-
del in Lateinamerika, wie auch die USA ihn heute dominieren. Für die Indianer ergab
sich daraus aber keinerlei Veränderung, da sie immer noch wie Sklaven in den Minen und
auf den Feldern arbeiten mussten. Melissa lachte. „Du brauchst eins von den … äääh …
Dingern, auf denen Leute stehen, wenn sie Reden halten. Du weiß schon, so ein kleines
Podest.“
Mit der Frau bin ich fertig …
Als wir wieder nach Quito kamen, spielte Mark im Gran Casino 2 Pool mit einem bunten
Haufen Rucksacktouristen. Er schien ziemlich glücklich zu sein, uns zu sehen. Er wirkte
umso glücklicher, als Melissa eine Tüte Gras von „unserem Mann“ in Quito besorgte. Wir
gingen zurück in unser Hotelzimmer. Melissa begann, einen Joint zu drehen, aber Mark
hob seine Hand, um sie zu unterbrechen. Er nahm unsere Handtücher und stopfte sie in die
Ritze unter unserer Tür. Dann ging er zum Fenster und scannte die Straße. Anscheinend
zufrieden schloss er die Vorhänge und setzte sich.
„Ich glaube, ich werde verfolgt“, flüsterte er verschwörerisch. „Verfolgt?“, fragten wir.
„Von wem?“ „Von der DEA.“ Melissa sah ihn verständnislos an. „Von der Deeyeeyay? Was
heißt das auf Englisch?“ „Das ist Englisch. Die DEA. Die United States Drug Enforcement
Agency.“
“Oh.” Melissa sah ihn immer noch verständnislos an. „Wer ist das?“ „Also“, erklärte Mark.
„Die US-Regierung schickt die DEA und Truppen nach Südamerika, um den Regierungen
hier in ‚ihrem' Kampf gegen Betäubungsmittel zu ‚helfen'. Es ist einfacher, als etwas ge-
gen die wahren Ursachen des Drogenkonsums in den Großstädten der USA zu unterneh-
men - z.B. gegen die Armut. Jedenfalls muss das amerikanische Militär irgendwas finden,
um seine Existenz zu rechtfertigen, seit es keine kommunistische Bedrohung mehr gibt.“ 25
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