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Das historische Material auf diesen Seiten stammt hauptsächlich aus Eduardo Galaeno, Open Veins of Latin Amer-
ica.
Der Cerro Rico erfüllte den Traum eines jeden Conquistadore. Bald war Potosí berühmt:
Die größte Silbermine der Welt und eine der größten und reichsten Städte, die die Welt
jemals gesehen hatte. Cervantes ließ Don Quichotte eine Redewendung prägen, die in die
spanische Sprache einfloss - „vale un Potosí“ („so viel wert wie ein Potosí“) steht seither
für etwas unglaublich ertragreiches. Bis 1573, nur 28 Jahre nach der Entdeckung des Sil-
bers, war die Bevölkerung Potosís auf 120.000 angewachsen - die Stadt war so groß wie
London und größer als Rom, Madrid oder Paris. Sie war zum Mittelpunkt der spanischen
Kolonien geworden: Chile lieferte Fleisch; Argentinien lieferte Textilien und Zugtiere; In-
dianer aus ganz Peru und Bolivien wurden als Arbeiter entsandt. Die spanischen Einwohner
Potosís lebten gut. Die Stadt prahlte mit 36 prächtig ausgestatteten Kirchen, 36 Spielhallen,
14 Tanzhallen, Theatern, Stierkampfarenen und Salons. Aus der ganzen Welt wurden die
edelsten Luxusgüter importiert: Seide und feine Stoffe aus Italien, Diamanten und Juwelen
aus Indien und Ceylon, die neueste Mode aus London und Paris, Teppiche aus Persien,
Parfums aus Arabien. Berühmte Künstler wie Holgüin - der „El Greco“ Lateinamerikas -
arbeiteten an seinen Kirchen. Sogar Pferde soll man mit Silber beschlagen haben.
Aber für jene, die zur Arbeit in den Minen gezwungen wurden, war das Leben alles
andere als luxuriös. Indianer aus dem ganzen Vizekönigreich Peru wurden gezwungen, ihre
Wohnorte zu verlassen, damit das Silber stetig floss. Ein Erlass von 1572 verlangte von
Indianern und schwarzen Sklaven, dass sie jeweils vier Monate am Stück unter der Erde
leben und arbeiten mussten, ohne die Mine zu verlassen oder einmal das Tageslicht zu se-
hen. Sie waren bei der Arbeit aneinander gekettet. Wenn einer vor Erschöpfung zusam-
menbrach, wurde sein Körper einfach von den Ketten abgehackt. Minenarbeiter mussten
schwere Säcke auf über 20 Meter hohen wackeligen Leitern nach oben tragen; ein Aus-
rutscher bedeutete den Tod. Die Luft war mit giftigem Staub gefüllt. Acht Millionen Män-
ner könnten an den inhumanen Bedingungen in den Minen von Potosí den Tod gefunden
haben - durch Unfälle, Erschöpfung, einbrechende Schächte oder Staublunge.
El Tio
„Bolivianer sterben an verrotteten Lungen, damit die Welt billiges Zinn verbrauchen kann.
Was kümmert das bittere Leben des bolivianischen Minenarbeiters den Konsumenten von
Konserven oder die Manipulatoren der Devisenbörse?“
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