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Potosí
„Ich bin das reiche Potosi, Schatz der Welt, König der Berge, von Königen beneidet.“
Inschrift auf einem Schild, das Potosí von Karl dem V., Kaiser des Heiligen Römischen
Reiches, verliehen wurde. Am nächsten Morgen verließen wir Copacabana nach Süden in
Richtung Potosí. Wieder einmal eine Busreise - oder besser gesagt zwei, weil wir in der
Hauptstadt La Paz umsteigen mussten. Wir hatten uns allmählich an Busse gewöhnt. Es
war mal wieder eine Nachtfahrt. Wir erreichten Potosí im kristallklaren Licht des frühen
Morgens.
Die Landschaft war so trostlos wie alle, die wir bisher gesehen hatten. Es war eine
hochgelegene Wüste. Die steinigen rotbraunen Hügel waren nackt, und obwohl das
Sonnenlicht sehr intensiv war, hatte es einen spröden, eisigen Glanz, der uns nicht wärmte.
Bei einer Höhe von 4070 Metern ist Potosí die höchstgelegenste Stadt der Welt. Es ist auch
eines der historischen Juwelen Südamerikas und zählt mit über 2000 geschützten Gebäuden
aus der Kolonialzeit zum UNESCO Welterbe. Und schließlich ist es auch eine der ärmsten
Städte Boliviens. Ihre engen Gassen sind mit dick eingehüllten Indianern überfüllt. Ihre ko-
lonialen Häuser sind unbeheizt. Über der Stadt thront der grau-rosa Kegel des Cerro Rico.
Des reichen Bergs.
Der Cerro Rico beherrscht Potosí sowohl physisch als auch historisch. Tatsächlich be-
herrscht er ein riesiges Stück der südamerikanischen Geschichte. Denn im Jahre 1544,
zwölf Jahre nachdem Pizarro Atahualpa in Cajamarka gefangen genommen hatte, fanden
die Spanier in Potosí, was sie gesucht hatten. Eigentlich hatte ein Indianer namens Huallpa
es bei der Jagd auf Lamas gefunden. Er hatte nämlich Silber gefunden - buchstäblich einen
ganzen Berg davon.
Bis dahin war der Berg als Sumaj Orcko bekannt gewesen - der schöne Berg. (Die Na-
mensänderung ist vielsagend.) Die Indianer wussten, dass er Silber enthielt; der Inka
Huayna Capaj hatte sogar versucht, es zu schürfen. Aber, so die Legende, sobald seine
Männer mit dem Schürfen begonnen hatten, schmetterte eine donnernde Stimme heraus:
„Das ist nicht für dich; Gott hat diese Reichtümer jenen vorbehalten, die von weit her kom-
men.“ Die Indianer flohen vor Schrecken; die Inka benannten den Ort in Potojsi um, was
in Quechua „donnern“ bedeutet. 18
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