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Der fette Magier
Die Langeweile auf der Reise wurde von einem ständigen Strom von Händlern unter-
brochen, die Essen anboten. Bei jedem Halt stürmten ein Dutzend Frauen den Bus. Um
ihren Rivalinnen zuvorzukommen, kletterten sie manchmal durch ein Fenster hinein und
landeten auf einem arglosen Passagier. An jeder Haltestelle verkauften die Frauen etwas
anderes: Orangen, Huhn mit Reis (in Bananenblättern gedünstet), Empanadas oder
Maiskuchen (Tamales). Aber an jeder Haltestelle verkauften alle dasselbe Produkt. Daher
die Eile, an die Passagiere heranzukommen.
Die Busse in Peru waren kleine Theater - oder zumindest kleine Rednerpulte. Unablässig
stand ein Händler nach dem anderen vorne und verkaufte Horoskope oder Pamphlete, die
das Geheimnis guter Gesundheit erklärten, oder Elixiere in Flaschen, deren Konsum eine
solche garantierte. Solche Verkaufsaktionen wurden mittels langer Reden durchgeführt, die
die Vorteile des Produktes besangen, und waren überraschend erfolgreich. Die Verkäufer
fuhren 20 Minuten lang im Bus mit und fesselten die Zuhörer mit ihren Vorträgen über die
Vorzüge ihres Produktes, um dann durch den Gang zu laufen und ihre Ware zu verkaufen.
Dann stiegen sie aus und warteten auf den nächsten Bus zurück. Irgendwo in Peru muss es
eine Schule für Bus-Verkäufer geben - vielleicht mit einem fetten Millionär an der Spitze,
der durch Zeitungsannoncen reich wurde, die versprachen: „Verdienen sie 50 Soles pro Tag
durch die Pedro-Sulizman-Bus-Verkaufs-Technik. Sie kann nicht scheitern. Nur 200 Soles.
Tun Sie es jetzt!“
Es gab auf jeden Fall keinen Mangel an armen, arbeitslosen Peruanern, die verzweifelt nach
einer Möglichkeit suchten, ihr Einkommen aufzustocken. „ Señors y Señoras. Ladies and
Gentlemen”, verkündeten sie immer mit derselben formalen Einleitung, „darf ich mit ihr-
er Erlaubnis ihre Reise unterbrechen. Ich glaube, wenn sie das fabelhafte … (bitte selbst
ausfüllen) kennen lernen, das ich ihnen hiermit präsentiere, werden sie anerkennen, dass es
einen Augenblick ihrer Zeit wert ist.“ Hatten wir eine Wahl?
Eine zweite Technik war das Süßigkeiten-System, das für Apelle an die Menschlichkeit
genutzt wurde - obwohl der gute Zweck manchmal in der eigenen Armut des Verkäufers
bestand. Der Verkäufer gab jedem Passagier ein Toffee. Dann hielt er oder sie eine lange,
leidenschaftliche Rede, in der Regel (soweit ich das verstehen konnte) über die „armen
Waisenkinder entlang der Grenze“, gefolgt von einem weiteren Gang durch den Bus.
Entweder gab man eine Spende oder man gab das Bonbon zurück. Unser Lieblings-
Süßigkeiten-Verkäufer war ein neunzehn- oder zwanzigjähriger junger Mann auf unserem
Weg von Arequipa nach Cuzco. Er war entweder taub oder hatte einen furchtbaren Sprac-
hfehler.
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