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Zwei fette Damen
Mit ihrer olivbraunen Haut und ihren langen dunklen Haaren hätte Melissa selbst eine Sü-
damerikanerin sein können. Immer wenn wir in Südamerika nach dem Weg fragten, sahen
die Leute sie an und verfielen in einen sehr langen Redefluss in sehr schnellem Spanisch.
Melissa starrte sie nur ausdruckslos an. Sie war nicht gut in Sprachen.
Mein Spanisch war nicht viel besser. Als Mark in Quito ankam, konnte ich über alles
sprechen - sofern es um einen Bus, ein Essen oder ein Hotel ging. Manchmal verstand ich
sogar die Antwort. Wir hatten beschlossen, Quito zu verlassen und nach Peru zu reisen. Ich
war von der Tollwutimpfung krank geworden, aber wir entschieden, dass ich mich genauso
gut im Bus erholen konnte. Ich stolperte zur Bushaltestelle hinunter.
Quitos neuer Bus-Terminal hieß Terminal Terrestre, was übersetzt „Erdstation“ bedeutet.
Der Name weckt Assoziationen von futuristischen Landeplattformen für High-Tech-Wel-
traumbusse. Traurigerweise hatten weder der Terminal noch die ecuadorianischen Busse
im Allgemeinen auch nur im Entferntesten etwas mit dem Weltraumzeitalter zu tun -
es sei denn man zählt einen Absturz von einer Klippe zur Kategorie „Weltraumreisen“.
Es war eines von diesen pseudomodernen Betongebäuden, die schon zwei Tage nach
ihrer Eröffnung heruntergekommen wirken. Es bestand aus drei Ebenen, wobei die oberen
beiden voller Fast-Food-Stände und Buden mit Keksen, Kuchen und billigen Plastik-Ges-
chenken waren. Im Erdgeschoss wetteiferten Busgesellschaften in einer Reihe von Ständen
um Passagiere. Hilfskräfte riefen Reiseziele aus und schoben uns zum Fenster ihrer Bus-
gesellschaft.
Ich kaufte drei Fahrkarten für den Nachtbus nach Aguas Verdes an der Grenze zu Peru.
Ich gratulierte mir selbst zu einer vollständigen Konversation in meiner Meinung nach per-
fektem Spanisch. Unser Bus stand draußen mit anderen in einer Reihe. Ihre Dächer waren
hochbeladen mit Reissäcken, Kisten und Bündeln aller Formen und Größen. Ich kletterte
hinein und ließ mich in meinen Sitz plumpsen. Ich gratulierte mir selbst auch dazu, einen
Sitz ganz vorne ergattert zu haben - das ist der einzige Platz, auf dem ein Zwei-Meter-
Gringo seine Beine ausstrecken kann.
Mark und Melissa verschwanden, um eine ruhige Ecke zu finden, wo sie einen Joint
rauchen konnten. Ich wollte einfach nur dasitzen und mich krank fühlen. Aber kaum dass
sie weg waren, wuchteten sich zwei gewaltige fette Frauen in den Bus, Berge von Fleisch
in Jogginghosen und Sweatshirts, und forderten meine Sitze. Ich murmelte, dass ich die
Sitze reserviert hätte, aber Mark und Melissa waren mit den Fahrkarten verschwunden.
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