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Der arbeitsscheue Schamane
Ich saß auf dem Fels und dachte darüber nach, was Mark mir bedeutete. Er war so oft nur
mit knapper Not entkommen. Jeder, der ihn kannte, hatte immer schon halb und halb er-
wartet, dass so etwas passieren würde. Aber Mark war auch einer von den Menschen, bei
denen man das Gefühl hatte, dass sie unter einem Bann standen: Einer von denen, die im-
mer mit einem triumphierenden Grinsen wieder an die Oberfläche kamen.
Jenseits des betäubenden Schocks des ersten Augenblicks konnte ich bereits eine Leere in
mir spüren - eine Lücke, die Marks Tod in meinem eigenen Leben hinterlassen würde.
Mark und ich waren nicht immer auf Augenhöhe gewesen, vor allem nicht auf dieser Reise.
Aber für mich war er ein besonderer Mensch geblieben. Vielleicht lag es daran, dass er
- fast als einziger unter allen meinen Freunden - immer diese heuchlerische, vergiftende
„Karriere“-Scheiße abgelehnt hatte. Auf die meisten Menschen wirkte es wie Apathie und
Untätigkeit, aber ich sah es anders. Mark hatte es abgelehnt, seinen Geist - und seine Seele
- an einen faden, bösen, menschenverachtenden Konzern zu verkaufen, nur um sich durch
Schleimerei und Verrat seinen Weg zu einer wichtigtuerischen Persönlichkeit im mittleren
Management im mittleren Alter zu bahnen. Ich hatte schon bei zu vielen meiner Freunde
gesehen, wie ihnen die Vitalität ausgesaugt wurde, nachdem sie diesen faustischen Pakt
unterschrieben hatten. Aber Mark war frei geblieben. Lebendig. Er hatte es abgelehnt, die
Projekte und Werte eines Systems zu seinen Projekten und Werten zu machen. Für Mark
gingen Musik und Drogen sowie die Zeit zum Nachdenken im Vergleich mit Geld, Status
und Karriere immer vor.
Und er hatte recht. Das geht vor. Es sollte vorgehen. Ich respektierte ihn dafür. Ich respek-
tierte ihn dafür, dass er sich nicht um Dinge kümmerte, die es nicht wert waren.
Marks Sinn hatte sich auf die riesigen, wilden Regionen der Realität gerichtet, die jenseits
des begrenzten Bereichs der Normalität und Bürgerlichkeit lagen. Er war außerhalb der
Höhle und suchte den Rand. Er war unser kosmischer Krieger, unser PsychoForscher, unser
arbeitsscheuer Schamane. Und seine Wohnung - mit den verschimmelten Kaffeetassen und
den mit Chaos übersäten Teppichen - war unser heiliger Bereich. Unser Vorort-Tor zu ein-
er alternativen Realität.
Mark hatte mir auch oft gesagt, dass er keine Angst vor dem Tod hatte. Das war wichtig.
Es bedeutete, dass er die Freiheit hatte, zu leben. Die Tatsache, dass er bereit war, sich in
die Brandung zu stürzen und Risiken einzugehen, machte ihn zu dem Menschen, der er
gewesen war. Wenn man ihn vom Rand ferngehalten hätte, hätte man ihm seinen Schneid
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