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--- 1 Diese Kleidung und Haartracht wurde im 18. Jahrhundert von König Karl dem III. von Spanien eingeführt; er hatte
sie der damaligen Tracht der spanischen Bauern nachempfunden.
Vor uns erweckten Geräusche und Farben die graue Straße zum Leben. Eine Prozession aus
hupenden, marschierenden Bands und Straßentänzerinnen schwankte betrunken vorüber
und verschwand um eine Ecke.
Die Männer trugen geschnürte Hemden und Ponchos und tanzten in einer Reihe gegenüber
den Frauen, die mit den Händen ihre Röcke rafften und sie hin und her wirbelten. Alle
wirkten nach Stunden ununterbrochenen Tanzens erschöpft. Jede Gruppe wurde von ein
paar Männern in Umhängen begleitet, die mit gespielter Wildheit mit Peitschen schnalzten.
Sie liefen bedrohlich auf jeden zu, der der Prozession in den Weg lief, um ihn zu küssen.
Andere kostümierte Figuren mischten sich unter die Tänzer: Dämonen, Sklaven, napoleon-
ische Soldaten und merkwürdige maskierte Gestalten, die man Huacos nannte. Sie waren
ganz in weiß gekleidet und erinnerten mich an olympische Fechter, nur dass sie keine De-
gen schwangen, sondern Schilder, die mit Glasscherben, Spiegeln, Streichholzschachteln,
Medaillen, Buttons, usw. geschmückt waren.
„Mama negra“ bedeutet wörtlich „schwarze Mutter“. Die Feierlichkeiten drehten sich um
die Parade mit einer Statue einer schwarzen Jungfrau. Wie es kommt, dass man in dieser
ganz von Quechua bewohnten Stadt eine schwarze Jungfrau verehrt, blieb uns allerdings
ein Rätsel. Eine Erklärung war, dass sie die endgültige Vertreibung der Araber aus Span-
ien im Jahr 1492 symbolisierte. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, weshalb die Ein-
wohner von Latacunga ausgerechnet dieses Ereignis feierten. Jedenfalls war dies keine
düstere christliche Parade, sondern eine heidnische Orgie zur Feier einer komplexen alleg-
orischen Welt fremdartiger Kulte und Geister. Die Spanier hatten wohl versucht, die Reli-
gion auszurotten, die sie in den Anden vorfanden, aber tatsächlich war es ihnen lediglich
gelungen, sie in eine andere Form zu lenken, da die Indios die christlichen Symbole mit
anderen Bedeutungen füllten. 2
--- 2 z.B. ist Jesus identisch mit dem Sonnengott der Inka; die Jungfrau Maria mit dem Mond oder mit Pachamama,
der Erdgöttin der Anden. Der Inka-Gott des Donners wurde mit dem Heiligen Jakobus von Santiago identifiziert, dem
Schutzheiligen der mit Schießpulver bewaffneten spanischen Soldaten. Ayamarca, bei den Inka der Monat der Toten,
überlebte als der Tag der Toten am ersten November, an dem die Menschen ihre Familiengräber besuchen.
Auf diese Weise hatte ein Stück von der alten Religion der Anden überlebt - und wir be-
trachteten sie gerade. In der Mitte jeder Gruppe schlurfte ein Mann, der sich in der Regel
unter der Last eines Pfahls krümmte, der ihm an den Rücken gebunden war. Kein Wunder,
denn auf dem Pfahl war ein vollständiges Schwein aufgespießt, den leeren Blick in den
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